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phenomenelle des Tages: Johanna Elberskirchen

Johanna Elberskirchen (11.4.1864–17.5.1943)

Unerschrocken und selbstbewusst fordert sie schon im deutschen Kaiserreich gleiche Rechte für Homosexuelle. Die einzige offen lesbisch lebende Frauenrechtlerin der ersten Generation sieht sich als Mensch 1. Klasse wie alle anderen auch und kämpft dafür. Das unterscheidet sie von allen anderen Mitstreiterinnen. Die wagen nicht, ihre Liebe zu Frauen öffentlich zu leben oder gar für ihr Recht darauf zu kämpfen. Elberskirchen verlangt hingegen:

Man gebe dem Homosexualen, was ihm gehört: seinen vollen Menschheitsrang.
(Quelle: Frauenmediaturm Johanna Elberskirchen)

Geboren in einen Bonner Kaufmannshaushalt ergreift Elberskirchen zunächst den Beruf als Buchhalterin. Mit 27 hat sie genug davon und geht zum Studium in die Schweiz. Erst Medizin, dann Jura. 1896 erscheint ihr erster Text Die Prostituion des Mannes. Weitere folgen, in denen sie sich verschiedenen sozialen und frauenbewegten Themen widmet. Anfangs erscheinen alle unter dem Pseudonym Hans Carolan. Politisch gehört sie zum linken Flügel der Sozialdemokratie. In der SPD und der Linken bleibt sie Außenseiterin, wird später sogar ausgeschlossen. Sie will sich nicht damit zufrieden geben, dass die Frauenfrage warten könne, bis die viel wichtigere Arbeiterfrage gelöst sei.

Mit 40 veröffentlicht sie ihr erstes Buch zum Thema Homosexualität. Bahnbrechend für eine Veröffentlichung Anfang des 20. Jahrhunderts schreibt sie von der Liebe, die weder entartet noch mit Schuld beladen sei. Sie engagiert sich in Magnus Hirschfelds Wissenschaftlich-Humanitären Kommitee (WHK). Als eine der wenigen Frauen bleibt sie auch dort einen Außenseiterin. Aber sie nimmt an Kongressen im Ausland teil, die sie international bekannt machen.

1920 eröffnet sie eine medizinische Praxis für Homöopathie. Unter den Nazis erhält sie Berufsverbot, kann mit ihrer Lebensgefährtin Hilde Moniac aber relativ unbeschadet weiterleben. Vermutlich setzen sich Personen aus ihrem weitverzweigten Netzwerk für die Frauen ein. 1943 stirbt Elberskirchen mit 79 Jahren. 1975 entwenden 2 Frauen die Urne mit ihren Überresten und verlegen sie in das Grab von Moniac. Von der deutschen Nachkriegsgesellschaft vergessen, entdeckt erst die 2. Frauenbewegung das Leben und Werk der außergewöhnlichen Johanna Elberskirchen wieder.

Foto: Johanna Elberskirchen (1864-1943) um 1905 via Wikimedia Commons.

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