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Bundesverfassungsgericht sagt Ja zum Ehegattensplitting
Lebenspartnerschaften müssen rückwirkend gleichgestellt werden
Und wieder eine Klatsche ins Gesicht der schwarz-gelben Regierungskoalition. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet, Ehe und Lebenspartnerschaft sind auch beim Ehegattensplittung gleich zu stellen. Die bisherige gesetzliche Regelung, dass nur heterosexuelle Ehepaare von einer gemeinsamen Steuererklärung profitieren können, ist verfassungswidrig. Das Ergebnis war von Expert_innen bereits erwartet worden. Am heutigen Donnerstag veröffentlichte das oberste Gericht seinen Beschluss (Az 2 BvR 909/06). Einmal mehr geht daraus deutlich hervor, es verstösst gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ungleich zu behandeln.
Zum 6. Mal strafen damit die höchsten Richter_innen in Deutschland die je nach Partei zögerliche oder ablehnende Politik der aktuellen Regierung ab. Die CDU wird sich nun genötigt sehen, das Ehegattensplitting auf Dauer abzuschaffen zugunsten eines von Finanzminister Schäuble favorisierten Familiensplittings. Nicht die schlechteste Idee, wenn künftig anstelle der Einverdiener-Ehe oder -Partnerschaft Familien tatsächlich stärker gefördert würden. Unter Expert_innen ist aber die Idee eines Familiensplittings heftig umstritten. Die meisten gehen davon aus, wie bei der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Ehegatten (nun auch Lebenspartner_innen) werden davon vor allem Besserverdienende und Paare mit deutlichen Gehaltsunterschieden profitieren. Darüber hinaus darf unter Federführung der Konservativen – getrieben von der bayerischen Schwester CSU – befürchtet werden, Regenbogenfamilien könnten auch dabei ausgegrenzt werden.
Die FDP kann zwar heute zu Recht behaupten: „Wir sind ja schon lange für die rechtliche Gleichstellung.“ Wirklicher Einsatz in der Sache sieht hingegen anders aus. Den Koalitionsfrieden wollte die Boygroup bislang dafür nicht aufs Spiel setzen. Dass in Deutschland einmal mehr tatsächliche Gleichstellungspolitik von Gerichten durchgesetzt werden muss, hinterlässt einen schalen Geschmack. Die heutige Niederlage war vorauszusehen. Die Regierung hatte alle Fakten in der Hand, um nach den vorangegangenen Urteilen des Verfassungsgerichts die Gleichstellung voranzutreiben. Sie blieb untätig und weigerte sich zu handeln. Leider provozierte sie so unnötig auch eine Klatsche für die Demokratie in Deutschland. Eigentlich sollte die Politik im Sinne unserer verfassungsgemäßen Rechte gestalten und diese verteidigen, nicht allein die Gerichte.
Foto: Die Richter_innen des 2. Senats BVerfG, Copyright © 2013 BVerfG
Die überfällige Entscheidung heute gilt übrigens rückwirkend ab 2001 !!!