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Auf dem Weg zur EM 2013: Härtetest gegen Japan
Die Spielerinnen der deutschen Frauennationalmannschaft trafen am 29. Juni in der Münchner Allianz-Arena auf die amtierenden Weltmeisterinnen und Vize-Olympiasiegerinnen aus Japan. Im Rahmen des dritten Vorbereitungslehrgangs stellte das Testspiel eine letzte Standortbestimmung vor der EM in Schweden dar. Mit den Japanerinnen stand nicht nur einer der derzeit stärksten Gegner der Welt auf dem Platz, sondern auch die Mannschaft, die unsere Frauen vor zwei Jahren bei der WM im eigenen Land im Viertelfinale aus dem Turnier geworfen hat.
Freundschaftsspiel mit Europarekord
46.104 Zuschauer_innen sahen trotz schlechten Wetters das hochkarätige Spiel und stellten so einen neuen europäischen Rekord für Freundschaftsspiele auf. Der alte stammte aus dem Spiel Deutschland gegen Brasilien im Jahre 2009 (Frankfurt). Nicht mit dabei die Verteidigerin Annike Krahn, die wegen Muskelproblemen im Oberschenkel sicherheitshalber durch Luisa Wensing ersetzt wurde. Ansonsten verzichtete Neid auf weitere Änderungen und startete mit einer Elf, wie sie auch in Schweden spielen könnte.
Deutliche Steigerung
Die deutschen Frauen begannen von der ersten Minute an mit einem Pressing in der gegnerischen Hälfte und verhinderten so, dass die Weltmeisterinnen zu ihrem Spiel fanden. So ergaben sich frühe Chancen für Deutschland: Kopfball im Fünfmeterraum in der dritten Minute und ein Schuss innerhalb des Strafraums in der vierten – beide durch Celia Okoyino da Mbabi, die erst gestern ihren Wechsel von Bad Neuenahr nach Frankfurt bekannt gegeben hatte. Weitere Chancen folgten.
In der 17. Spielminute war es dann Leonie Meyer, die mit einem Distanzschuss in die obere linke Ecke traf und die deutschen Frauen mit 1:0 in Führung brachte.
Weitere gute Chancen blieben leider ungenutzt und so wurden die Japanerinnen nach rund 30 Minuten stärker, kamen aber selten gefährlich vor das deutsche Tor. In der 40. Minute jedoch wirkte die Abwehrriege von Sylvia Neid etwas konfus und Shinobu Ohno konnte völlig freistehend aus ca. 11 Metern abziehen. Nadine Angerer bekam die Hände zwar noch hoch, konnte den harten Schuss aber nicht mehr entscheidend abfälschen, sodass er ihr durch die Hände ins Tor glitt. Mit dem Stand von 1:1 ging es dann auch in die Pause. Im Vergleich zu den ersten beiden Testspielen zeigte unsere Mannschaft eine deutliche Steigerung und ließ auf eine spannende zweite Hälfte hoffen.
In der Schlussphase durchgesetzt
Nach Anpfiff der zweiten Halbzeit erhielten die Deutschen beim ersten Angriff, nach einem Foul im Strafraum, einen Strafstoß, welchen Celia Okoyino da Mbabi sicher verwandelte. Auch nach der erneuten Führung blieben die deutschen Fußballerinnen zunächst die Spiel bestimmende Mannschaft, auch wenn keine wirklich gefährlichen Torchancen dabei heraus kamen. Dies lag vor allem an der starken Spielweise der Gäste, die sich trotz des Rückstandes auf ihre Stärken (Disziplin und Technik) besannen und das ein oder andere Mal vor dem deutschen Tor dafür sorgten, dass die Stadionbesucher_innen den Atem anhielten. Als es dann in der 60. Minute zu einem Freistoß direkt an der Strafraumgrenze für die Japanerinnen kam, sah die deutsche Abwehr erneut nicht gut aus: Den Freistoß zwirbelte Aya Miyama über die Mauer an den rechten Pfosten. Nadine Angerer sprang aus der Torwartecke in die Richtung, obwohl der Ball unerreichbar war und so konnte konnte sie lediglich zusehen, wie der Ball zurück vor das Tor sprang und ihre Abwehr wie versteinert verfolgte, wie Ogimi aus knapp 10 Metern in die Tormitte zum 2:2 einnetzte. Nach dem Ausgleich war das Spiel über lange Zeit ausgeglichen und spielte sich vermehrt im Mittelfeld ab. Erst durch einige Wechsel auf beiden Seiten kam das deutsche Team in der Schlussphase in Fahrt und gefährlich vor das Tor der Japanerinnen. Okoyino da Mbabis Schuss in der 87. Minute wurde von einer Gastspielerin unhaltbar für die japanische Torfrau abgefälscht und in der Nachspielzeit sorgte ein Foul an Laudehr für einen weiteren Strafstoß, den sie selbst erfolgreich zum Endstand von 4:2 verwandelte.
Schweden kann kommen!
Das Ergebnis fiel vom Spielverlauf her etwas zu hoch aus, der Sieg der deutschen Frauen war aber nicht unverdient – wenn auch etwas glücklich. Die Standardsituationen waren im Vergleich zu den ersten beiden Testspielen vor allem in der ersten Hälfte des Spiels wesentlich gefährlicher und hätten in den ersten Minuten bereits zu zwei Toren führen können, wenn die platzierten Ecken richtig mit dem Kopf getroffen worden wären. Auch das Passspiel schien bis auf wenige Ausnahmen sicherer. Lediglich die Abwehr wirkte – vor allem bei den beiden Gegentoren – langsam und unsicher. Auch das Zusammenspiel zwischen Abwehr und Mittelfeld lässt sich deutlich bei brenzligen Situationen verbessern, da die Befreiungsversuche der deutschen Abwehr unter Druck meist beim Gegner landeten und keine deutsche Spielerin in der Nähe zu sein schien.
Nichts desto trotz zeigte das deutsche Team eine tolle Leistung und verdeutlichte, dass die Ausfälle von mehreren Leistungsträgerinnen von den jungen Spielerinnen innerhalb der kurzen Zeit gut abgefangen werden konnte. Knapp zwei Wochen bleiben Sylvia Neid und ihrem Trainerstab noch, um für das nötige Feintuning zu sorgen. Ob es für eine Titelverteidigung reichen wird, hängt vermutlich vor allem von der Nervenstärke der jungen Spielerinnen und dem nötigen Quäntchen Glück in den jeweiligen Spielen ab, denn technisch und spielerisch können die deutschen Frauen auf jeden Fall mithalten – dies haben sie heute gegen den amtierenden Weltmeister unter Beweis gestellt.
EM-Spiele, Vorrunde:
11.07. Deutschland – Niederlande (Växjö) (20.15 Uhr/ZDF, Anstoß 20.30 Uhr)
14.07. Deutschland – Island (Växjö) (20.15 Uhr/ZDF, Anstoß 20.30 Uhr)
17.07. Deutschland – Norwegen (Kalmar) (18 Uhr/ARD)
Das Tor von Leonie Meyer ist für mich das „Tor des Monats“ !