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phenomenelle des Tages: Gladys Bentley

Gladys Bentley (12.8.1907–18.1.1960)

Gladys BentleyIn weißem Frack und Zylinder, mit einer Kurzhaarfrisur spielt sie Ende der 20er und während der 30er Jahre in den Jazz-Clubs mit Genderstereotypen. Out and proud flirtet sie offen mit dem weiblichen Publikum und macht keinen Hehl aus ihrer eigenen Homosexualität.

Geboren in Philadelphia zieht es Bentley – noch keine 20 Jahre alt – wie viele andere Afro-Amerikaner_innen nach New York. In Harlem lässt sich günstig wohnen. Künstler_innen und Intellektuelle bestimmen die Atmosphäre, viele von ihnen lesbisch, schwul oder bisexuell. Schnell macht sich Bentley als Sängerin und Pianistin einen Namen in den Clubs. Sie parodiert als Drag King mit deutlichen Texten Blues Standards und populäre Hits. Überliefert sind keine dieser alles andere als sittsamen Parodien, weil die Texte wohl zu gewagt waren und aufgrund der fehlenden musikalischen Urheberrechte nicht aufgenommen werden konnten.

Die bleierne Zeit beginnt

1928 landet Bentley einen Plattenvertrag. Ihre Songs wirken gegenüber der Live-Performance brav, lesbische Untertöne fehlen. Dann kommen die Wirtschaftskrise, die große Depression und das Ende der Prohibition. Harlem als lebendiger Mittelpunkt des kulturellen und sexuellen Aufbruchs verliert seine Bedeutung. Bentley zieht Ende der 30er Jahre mit ihrer Mutter nach Los Angeles. Während der 40er Jahre tritt sie in den kalifornischen Clubs auf, die von einer queeren Gesellschaft besucht werden. Die Offiziellen verbieten ihr aber in Hosen aufzutreten.

Mit dem Ende des II. Weltkriegs beginnt schleichend eine neue repressive Ära. Bentley passt sich an. Als schwarze, lesbische Frau, die auch noch für ihre Mutter sorgen muss, bleibt ihr kaum etwas anderes übrig. In den 50er Jahren beginnt die Hexenjagd durch Senator McCarthy und seinen Ausschuss. Der trifft neben vermeintlichen Anhänger_innen der Kommunisten vor allem auch Homosexuelle. Anfang der 50er heiratet sie. In einem Artikel schreibt die ehemalige Drag King darüber, wie sie zur Heterosexualität zurückfand: „Ich bin nun eine Frau“. Angeblich hätten ihr weibliche Hormone dabei geholfen. Eine unabhängige schwarze lesbische Frau, das ist zuviel für die intoleranten 50er Jahre. Mit nur 52 Jahren stirbt Bentley 1960 an einer Grippe.

Foto: Author unknown [Public domain], via Wikimedia Commons, Quelle: Florida International University African Diaspora Identities

Weitere Quellen und Links

 

 

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