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phenomenelle des Tages: Marina Zwetajewa
Marina Zwetajewa (8.10.1892–31.8.1941)
Als 18-Jährige macht ihr erster Gedichtband sie bekannt. Bis heute gehört sie zu den wichtigsten Dichter_innen des 20. Jahrhunderts. Trotz Schicksalschlägen und schwierigen Lebensumständen bleibt der Drang zu schreiben die treibende Kraft ihres Lebens. Sie hinterlässt ein umfassendes vielschichtiges Werk aus hunderten von Gedichten, mehreren Versdramen, Prosa, Briefen sowie Notizen.
Zwetajewa wächst in einem großbürglichen, wohlhabenden Umfeld auf. Der Vater ist ein über russische Grenzen hinaus bekannter Professor für Kunstgeschichte an der Universität Moskau, die Mutter Konzertpianistin. Früh beginnt das Mädchen zu schreiben, zum Missfallen der Mutter. Sie wollte eine Pianistin, keine Schriftstellerin zur Tochter. Marina ist 10 Jahre, da erkrankt die Mutter an Tuberkulose, die ganze Familie reist einige Jahre durch Europa. 1906 stirbt die Mutter und mit ihr die Sicherheit. Der Vater ist zu gutmütig und obendrein meist nicht zuhause. Das Mädchen stürzt sich auf ferne Vorbilder, schwärmt für Napoleon und den Zaren.
Odysee durch Europa
Zwetajewa verliebt sich 18-jährig in den Gymnasiasten Sergej Efron, den sie bald gegen den Willen des Vaters heiratet. Zwei Kinder werden geboren. Als Dichterin hat sie Erfolg, obwohl sie eher der Vergangenheit zugewandt ist. In Moskau lebt sie in Künstlerkreisen, genießt das Leben. In Europa tobt der I. Weltkrieg. Ihr Ehemann pflegt Verwundete, nach der Revolution schließt er sich der Weißen Garde an, die gegen die Bolschewiki kämpft. Das Ehepaar sieht sich 5 Jahre nicht. Nachdem eine ihrer beiden Töchter in den russischen Revolutionsjahren verhungert, folgt Zwetajewa ihrem Mann 1922 nach Prag, später gehen sie nach Berlin und Paris.
Auch wenn die Dichterin bei ihrem Mann bleibt, liebt sie häufig und ausgiebig außerhalb der Ehe – sowohl Männer als auch Frauen. Nicht selten gründet diese Liebe auf einem ausschließlichen (Rilke) oder überwiegenden (Pasternak) Briefwechsel. Der Gedichtzyklus Die Freundin ist ihrer Liebe zur lesbischen Dichterin Sofia Parnok gewidmet. Zwetajewa liebte wohl mehr noch die Liebe als die Geliebten. Erst Ende der 30er Jahre kehrt das Ehepaar nach Russland zurück. Obwohl Efron für den russischen Geheimdienst arbeitete, wird er verhaftet, als Spion verurteilt und erschossen, Zwetajewa nach Tatarstan verbannt. 1941 erhängt sie sich dort.
Foto: By OTFW, Berlin (Own work) [GFDL or CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0], via Wikimedia Commons
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