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phenomenelle des Tages: Elfriede Jelinek
Elfriede Jelinek (geb. 20.10.1946)
Die einen sehen in ihr eine der wortgewaltigsten Sprachkünstler_innen im deutschsprachigen Raum, die anderen fühlen sich von ihrer drastisch-sarkastischen und obszön-vulgären Sprache abgestoßen. Als 10. Frau erhält sie 2004 den Nobelpreis für Literatur. Ihre Hauptthemen sind die Kritik an der Konsumgesellschaft, an den patriarchalen Machtverhältnissen sowie an der mangelnden NS-Vergangenheitsbewältigung in ihrem Heimatland Österreich und in Deutschland.
Jelinek wächst mit einem psychisch kranken Vater und einer autoritären Mutter auf. Der Vater hat jüdische Wurzeln und überlebt die NS-Zeit vor allem, weil die Mutter sich weigert, sich scheiden zulassen, und er als Wissenschaftler „gebraucht“ und ausgenutzt wird. Die Mutter will aus ihrer Tochter eine Musikerin machen. Bereits mit 13 Jahren beginnt Jelinek eine Ausbildung am Wiener Konservatorium. Die Mutter übt Druck auf das Kind aus, fordert bedingungslosen Gehorsam. Das Mädchen entzieht sich, leidet unter Angstzuständen, eine besondere Form von Agoraphobie. Noch als Studentin kann sie ein ganzes Jahr das Haus nicht verlassen. Sie entdeckt das Schreiben. Ein Gedichtband erscheint, der erste Roman entsteht 1968, erscheint aber erst viele Jahre später. Bis heute begleiten Beruhigungsmittel und Antidepressiva das Leben der Elfriede Jelinek.
Musik der Worte ersetzt die Noten
Mit 25 Jahren legt sie die Orgel-Prüfung ab. 3 Jahre später gelingt ihr der Durchbruch als Schriftstellerin mit dem Roman liebhaberinnen. Es folgen Gedichte, Essays, Theaterstücke und Romane. Das Schreiben rettet sie vor der Macht, die die Mutter über sie hat:
Das Schreiben war mein Rettungsboot, aber befreit hat es mich nicht.
(Quelle: Interview 2004)
Rache und negative Gefühle sind die Triebfedern ihrer Texte. Während andere die romantischen Glücksmomente im Leben aufgreifen, sieht Jelinek sich als die „Trümmerfrau der Literatur“, die den Gefühlsdreck wegräumt. Immer wieder sorgen ihre Bücher, aber mehr noch die Theaterstücke für Skandale. Ihre kompromisslose Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in Österreich reicht vielen aus, um die Autorin boshaft als „Nestbeschmutzerin“ zu beschimpfen.
Viel Feind, viel Ehr
Politisch schlägt ihr Herz für die Kommunisten. Sie wird Parteimitglied, doch auch hier wird sie enttäuscht und tritt 1991 wieder aus. Als die rechtspolitische FPÖ Mitte der 90er Jahre politisch immer bedeutender wird, verfügt die Autorin ein Auftrittsverbot. 3 Jahre lange dürfen Jelineks Stücke an österreichischen Bühnen nicht gespielt werden. Noch einmal greift sie 2000 zu dieser Waffe nach dem die Rechtspopulisten an die Regierung kommen.
Jelinek gewinnt nicht nur den Nobelpreis, die Liste ihrer Auszeichnungen und Preise für Literatur ist lang und angesehen. Dennoch stößt 2004 die Verleihung der Literaturkrone an diese unbequeme Autorin auf viel Kritik. Kolleg_innen und Kritiker_innen äußern ihr Unverständnis. Die Geehrte selbst hätte viel lieber Peter Handke auf dem Thron gesehen. Von den bösen Schmähungen fühlt sie sich trotzdem verletzt und unverstanden.
Foto: By Ghuengsberg at en.wikipedia (Transferred from en.wikipedia) [CC-BY-SA-2.5-2.0-1.0, GFDL or CC-BY-SA-3.0], from Wikimedia Commons
Weitere Quellen und Links
- Homepage der Autorin
- elfriede-jelinek-forschungszentrum.com
- Spiegel-Thema: Elfriede Jelinek
- Interview mit Jelinek 2004