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Clare Bowens starkes Debut mit sanfter Stimme
Clare Bowen ist in Deutschland überwiegend als Schauspielerin in der US-Serie „Nashville“ als Scarlett O’Conner bekannt – oder von ihrem musikalischen Auftritt bei der Helene Fischer Show Ende letzten Jahres. Am 27. April veröffentlichte die gebürtige Australierin ihr erstes eigenes Album mit dem Titel „Clare Bowen“, begleitet von einer ersten, größtenteils ausverkauften, Tour. Mit elf Liedern zwischen Pop, Singer-Songwriter und Country singt sie dabei aus ihrem Leben und teilt sehr persönliche Erfahrungen, auch mit seinen Schattenseiten. Sie bleibt dabei durchgängig kraftvoll, auch in den sanften Tönen, und gibt Hoffnung. Live überzeugt sie gleichermaßen lebendig, und tritt mit viel Gefühl und Nahbarkeit auf. Songs aus dem eigenen Album als auch aus der Serie, gespickt mit der ein oder anderen Überraschung, füllen einen schönen Abend aus. Unterstützt wird sie dabei von großartige Musikern, einschließlich ihrem 2017 angetrauten Ehemann. Für Clare Bowen beginnt damit und dem Ende der Fernsehserie (nach ganzen sechs Staffeln) ein neues Kapitel. phenomenelle Autorin Larissa durfte die Sängerin zu einem sehr persönlichen Interview treffen.
Larissa: Herzlichen Glückwunsch zum Debutalbum! Was hat dich zu diesen Liedern inspiriert?
Clare: Als ich studiert habe wurde mir gesagt, „schreib‘ zuerst über das, was du kennst“. Also habe ich damit angefangen. Ich war mir zwar nicht sicher, ob jemand diese Geschichten hören wollen würde. Zeitweise bin ich in einem Kinderkrankenhaus aufgewachsen und als ich dort mit Krebs eingeliefert wurde, gab man mir zwei Wochen zu Leben. So ist mein bisher kurzes Leben recht interessant verlaufen und davon schreibe ich auch.
Was wolltest du mit dem Album erreichen?
Ich wollte diese Erfahrungen teilen, in der Hoffnung, dass ich den Menschen ein Gefühl von Zugehörigkeit geben kann. Ich war mir als Kind sicher, es gibt niemanden wie mich, und das wäre etwas Schlechtes. Das Alleinsein und das Gefühl, mit niemandem sprechen zu können, begleiteten mich sehr lange und ich dachte irgendwann, so geht es sicherlich vielen anderen auch. Und obwohl ich nicht weiß, wie sich jede*r Einzelne fühlt, so hat doch jede*r seine Themen und Schwierigkeiten, mit denen man versucht zurechtzukommen, ebenso wie das Gefühl des Alleinseins. Die Intention des Albums ist es, Menschen zusammenzubringen. Auch indem ich offen mit meinen eigenen Geschichten umgehe. Es sind auch lustige und alberne Geschichten dabei. Also Geschichten, bei denen die Leute ihre Sorgen vergessen und andere, mit denen sie vielleicht eine Möglichkeit finden, ihre Sorgen auszudrücken. Das Album ist sehr vielfältig und wenn man so viel Glück hat, auf einer Bühne zu stehen und so viele Menschen dich singen hören wollen, möchte ich diese Möglichkeit für etwas Gutes nutzen. Also so viel Liebe zu verbreiten wie ich kann ohne den Leuten auf die Nerven zu gehen, indem ich überpolitisch werde. Aber die Welt kann momentan sicher ein bisschen Liebe gebrauchen.
Was ist dein persönlicher Favorit des Albums?
Es gibt einige davon. „Little by Little“ ist etwas Besonderes. Ich habe das Lied mit Amy Wadge und meinem Mann Brandon Robert Young geschrieben. Als diese schlimmen Vorfälle in England passierten, zuerst das Attentat in Manchester und dann das große Feuer, war auch ein Freund von uns dabei, der vielen Menschen das Leben gerettet hat. Irgendwie musste ich Ihnen allen dieses Lied widmen. Ich habe festgestellt, dass ein Mensch alleine die Welt nicht retten kann, weil sie einfach zu groß ist. Aber ich glaube trotzdem, wenn man so viel Güte, Offenherzigkeit und Mitgefühl mit sich bringt wie nur möglich, kann man einige Ecken der Welt zum Leuchten bringen. Und diese Menschen in England zu sehen, wie sie nach den Vorfällen damit umgingen und sich gegenseitig halfen, war unfassbar inspirierend und hat mich gelehrt, dass Liebe die Angst immer besiegen wird. Das trifft auf so viele Aspekte des Lebens zu. Als ich also „Little by Little“ das erste mal vor großem Publikum gesungen habe und die Menschen ein Meer aus Lichtern entzündeten, rührte es mich zu Tränen. Und tat es seitdem jedes Mal wieder. (bekommt Tränen in den Augen beim Erzählen) Zu sehen, wie es die Menschen berührt und ihnen etwas zum Festhalten gibt, Ihnen zu zeigen, dass sie dazugehören – das ist alles was ich tun will. Es gibt so viele Menschen, die sich alleine fühlen. Also dieses Lied ist etwas Großes für mich und damit wohl Nummer 1.
Als LGBTI* ist ja oft das Gefühl AußenseiterIn zu sein Standard und viele können sich sicher damit identifizieren.
Oh mein Gott, ja. Schon alleine das Coming-Out vor den Eltern ist leider schreckenerregend für viele Menschen. Und dann in den Schulen und diese Diskussion in den USA, wer welche Toilette benutzen darf, das macht mich so wütend. Einige Familienmitglieder sind Teile der LGBTI* Community und so wuchs ich damit auf, dass eben manchmal Männer auch gerne Kleider tragen. (lacht). Meine Pateneltern sind zwei Gentlemen, die seit über fünfzig Jahren ein Paar sind. Die gleichgeschlechtliche Ehe wurde erst vor kurzem in Australien legalisiert. Endlich! Für Gleichberechtigung zu kämpfen ist etwas, das mir sehr am Herzen liegt. In allen Aspekten des Lebens. Aber ich glaube, dadurch dass ich in einer sehr facettenreichen Familie aufgewachsen bin, gehen mir diese Themen besonders nahe. Es liegt mir sehr am Herzen, deshalb freut es mich, dass ich hier, auf der anderen Seite des Globus, mit euch sprechen darf.
Vielen Dank. Und dass sie schon seit über fünfzig Jahren zusammen sind, ist sehr inspirierend. In den 50er und 60er Jahren war das sicherlich nicht einfach…
Ja, sie haben schlimme Zeiten miterlebt. Auch die 80er mit der AIDS Epidemie. Es war zeitweise entsetzlich und viele Menschen können sich das nicht vorstellen, weil es sie nie betreffen wird. Aber sie haben immer zueinander gestanden – ebenso wie meine Eltern. Meine gesamte Familie ist für mich sehr inspirierend. Deshalb zu behaupten, dass nur ein Mann und eine Frau zusammen sein können ist für mich vollkommen lächerlich. Meine Familie ist so vielfältig, und ich habe gelernt Menschen für ihr Inneres, Ihre Seele, zu sehen. Ich liebe Brandon, auch wäre er eine Frau gewesen. Das ist für mich sekundär.
Wenn wir über Countrymusik sprechen, erscheint es nicht als das toleranteste oder offenste Genre. Wie siehst du das?
Ganz so stereotyp ist es in Wirklichkeit nicht. In der Vergangenheit war es sicherlich ein Stigma, aber Gott sei Dank bewegt sich die Welt nach vorne. Eine meiner größten Inspirationen ist Dolly Parton. Sie ist unglaublich und eine große Unterstützerin der LGBTI* Community und Menschen im Allgemeinen. Es muss kein Unterschied sein. Und das „wir“ und „die“ ist mir sowieso ein Rätsel – wozu? Das kommt aus der Angst heraus und wenn Leute Angst haben, tun sie oft dumme Dinge. Für mich ist es unverständlich, warum Menschen ein Problem damit haben, wer wen liebt. Was interessieren dich die Bettgeschichten anderer? Die Stadt Nashville ist nicht so. Die Menschen dort sind generell sehr offen und warmherzig.
Spiegelt denn die Geschichte von Will Lexington in der Serie Nashville die Realität wieder?
Ja, für manche ist auch die Geschichte von Will noch Realität und das coming out ein Kampf, auch mit der Angst vor den Fanreaktionen. Aber eigentlich geht es niemanden etwas an, mit wem man schläft oder wer man ist oder sein will. Es sollte nichts daran ändern, wie man über jemanden denkt. Und ich freue mich, dass ich Teil von Wills Geschichte sein durfte. Chris Carmack ist auch sehr stolz darauf und freut sich sehr, so jemanden darstellen zu dürfen und Teil davon zu sein. Er war auch bei einigen Demonstrationen und Paraden dabei und setzt sich aktiv für verbesserte Behandlungsmethoden für HIV positive Menschen ein.
Wo wir gerade von Nashville sprechen, wie würdest du die Unterschiede zwischen dir und Scarlett beschreiben, vor allem musikalisch?
Wir sind sehr verschieden, sind aber beide von Americana und Folk beeinflusst. Bei mir wahrscheinlich etwas mehr Keltisches und Tribal, wie beispielsweise bei „Doors & Corridors“. Ich habe viel mehr von der Welt gesehen als Scarlett, auch wenn sie eine gleichsam schwere Kindheit hatte. Wir teilen auch viel, beispielsweise unseren „moralischen Kompass“. Es war mir sehr wichtig, sie mit sehr viel Mitgefühl, Güte und offenem Herzen darzustellen. So wurde ich auch erzogen und das habe ich mit eingebracht. Ich würde mich aber beispielsweise nie so behandeln lassen, wie es ihr teilweise in der Serie erging. Wobei ich mich vor langer Zeit selbst nicht genug geliebt habe und nicht wusste, dass ich es nicht verdient hatte, auch schlecht behandelt zu werden. Also ist sie vielleicht eine Art jüngere Version von mir, bevor ich verstanden habe, dass ich mehr wert bin, als manche Leute dachten.
Magst du noch etwas zum Lied „Lijah & the Shadow“ erzählen?
Bevor ich Schauspielerin wurde, habe ich Pferde rehabilitiert. Oft werden die Tiere einfach verlassen irgendwo stehengelassen, wenn es den BesitzerInnen zu teuer wird oder es Schwierigkeiten gibt. Lijah ist der Name meines Pferdes, das ich so eines Tages quasi gefunden habe. Er war krank, abgemagert und es ging ihm wirklich nicht gut. Trotzdem ist er ein sehr liebevolles und wirklich anhängliches Tier. Zu dem Zeitpunkt, als ich ihn adoptiert habe, ging es mir selbst auch sehr schlecht. Irgendwann erzähle ich die ganze Geschichte, aber für jetzt einfach nur, dass mir jemand sehr wehgetan hat, so dass ich gerade aus dem Krankenhaus kam. Wir waren also in einem ähnlich schlimmen Zustand, Lijah und ich. Und so heilten wir gemeinsam. Davon handelt das Lied. Als wir das Lied aufgenommen haben, an einem verschneiten Wintertag, vermisste ich ihn und die anderen geretteten Tiere sehr und das hört man wohl auch.
An was arbeitest du denn derzeit und was steht an?
Es ist ein neues Kapitel für mich. Nashville ist zu Ende und ich bin so dankbar überhaupt hier zu sein. Ich habe so viele wundervolle Menschen kennengelernt und das deutsche Publikum war absolut wunderbar und fantastisch. So großzügig und freundlich. Nach der Tour fliegen wir zurück in die USA, dann habe ich ungefähr zehn Tage frei, bevor wir den Sommer als Opener für die Arena-Tour des großartigen US-Duos „Sugarland“ verbringen werden. Dann schlafe ich zehn Minuten (lacht) bevor es dann mit einer Solo-UK-Konzertreihe weitergeht, darauf freue ich mich. Vielleicht schaffen wir es dann auch mal unsere Flitterwochen nachzuholen, irgendwann. Aber wir haben viel Spaß, also alles gut. Und so traurig ich bin, dass die Serie Nashville zu Ende ist, gibt es mir auch mehr Freiraum selbst zu planen und mehr Musik zu machen. Es ist alles sehr aufregend und ich freue mich über alles.
Herzlichen Dank für das Interview und alles Gute weiterhin!
BMG Rights Management
Clare Bowen – Let It Rain
https://www.youtube.com/watch?v=146DT8ShGHY
Spotify Albumlink:
https://open.spotify.com/album/6421rQkfmAsCgWKH3fECuM
www.ClareBowenOfficial.com
www.facebook.com/clarembee
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