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Kraftvoller Lesben-Kongress: Themen die beweg(t)en

Diskutieren, Austauschen und Feiern

LAG Lesbenkongress„Das Schöne an Leuten, die man cool und fragwürdig zugleich findet, ist, dass sie einem neue Denkanstöße geben“, so beginnt eine der Kolumnen, die Hengameh Yaghoobifarah seit 2015 für die taz schreibt. Die Modebloggerin und Aktivistin eröffnet am kommenden Samstag in Essen den Kongress „Die Kraft des L“ anlässlich des 20. Geburtstags der LAG Lesben in NRW mit einem Vortrag zu „Identitäten und Lookismus“. Neue Denkanstöße dürfen die etwa 150 Kongressteilnehmerinnen am 24. September 2016 sicher erwarten. Das Adjektiv „fragwürdig“ lassen wir dabei mal unter den Tisch fallen. Zu erwarten sind aber sicher Denkanstöße von ziemlich coolen Referentinnen.

Das Thema „Identitäten“ durchzieht den Kongress wie ein roter Faden. So hat der LAG-Mitgliedsverein FLIP Stellwände, die mit typisch lesbischen Klischees arbeiten, hergestellt. Wer möchte, kann Teil des Klischees werden, in dem sie den Kopf durchsteckt. Die Stellwände sollen zum Nachdenken, Austauschen und Darüber reden anregen – also ebenfalls Denkanstöße geben.

Die Kongress-Macher*innen haben eine Fotobox besorgt, in der sich jede Teilnehmer*in allein oder mit Freund*innen fotografieren lassen kann. Ein ganz eigenes Statement zu den eigenen Identität*en – jetzigen, ehemaligen oder vielleicht sogar gewünschten. Zum Ausklang des Kongresstages werden die Ergebnisse präsentiert.

Sichtbarkeit, Beziehungen und Familie, Grenzgänge und Diversity

Input-Sprecherin Yaghoobifarah nähert sich dem Thema aus lesbisch_queerer Sicht. Ihre These: „Wo Identitätspolitik betrieben wird, gelten auch aussehensbezogene Normen“. Denn einerseits sorgen queere Codes für mehr Sichtbarkeit, erzeugen aber auch Widerstände und schließen andererseits auch diejenigen aus, die die Codes nicht verwenden oder sich ihnen verweigern. Das Thema und die Artikel der Kolumnistin, die der Missy-Magazin-Redaktion angehört, lassen einen unangepassten und gerade deshalb vielversprechenden Input erwarten. Im anschließenden Workshop können Interessierte die Auseinandersetzung vertiefen.

Welche Rolle spielen Identitäten eigentlich in lesbischen Beziehungen? Ines Nadrowski lädt zu einem Beziehungsworkshop ein. Natürlich geht es eher um das Thema auf einer übergeordneten Ebene. Wer kennt sie nicht die Mythen über Lesben und ihre Beziehungen? Vom eher witzigen Umzugswagen, der beim 2. Date bereitsteht, bis zum angeblichen Ende jeder Sexualität, auch gern als lesbischer BettenTod beschrieben. Nadrowski wagt in einem kurzen Impulsreferat einen Überblick der verschiedenen Sichtweisen auf Lesben und ihre Beziehungen, gespickt mit aktuellen Forschungserkenntnissen. Zur anschließenden Diskussion über die Sichtweisen und Erfahrungen lädt sie ausdrücklich alle ein, die das Etikett „lesbisch“ für sich passend finden.

Leider zeitgleich laden Stephanie Weber, Michaela Herbert-Floßdort und Gesa Weinand ebenfalls zu Workshops ein. Weber widmet ihre Zeit der Frage: „Wie wäre es, für einen Tag ein Mann zu sein?“ Mit ihrer Seminar-Reihe „She’s the man“ hat sie einen Grenzgang konzipiert, der es ermöglicht Geschlechtergrenzen zu überschreiten und die Rolle zu tauschen. Ein Schwerpunkt liegt darauf, Unterschiede wahrzunehmen und den Effekten nachzuspüren. Der Workshop setzt sich mit den Erfahrungen der Seminar-Teilnehmer*innen auseinander. Wie hat sich lesbische Identität im Zusammenhang mit Familiengründung verändert? Gerade für jüngere Frauen spielt die Regenbogenfamilie eine immer größere Rolle. Herbertz-Floßdorf will in ihrem Workshop den Tabus, Einflüssen und Identitäten von lesbischen Müttern nachgehen und den Austausch dazu anregen. Diskriminiert als Lesbe und als Frau – Gesa Weinand sieht in den beiden Diversity-Dimensionen aber auch eine Menge Chancen für die Arbeitswelt 4.0. Sie ist überzeugt davon, dass sich aus diesem „doppelten Minus“ ein „doppeltes Plus“ machen lässt. Darüber will sie in ihrer Workshop-Zeit diskutieren.

Solidarität, Erfolge und Misserfolge, Internationalität

Lepa Mlađenović bekam 2013 für ihr langjähriges Engagement in feministischen und lesbischen Zusammenhängen den Anne-Klein-Frauenpreis verliehen (phenomenelle berichtete). Mit Ulrike Ganz begibt sie sich beim Podiumsgespräch nach der Mittagspause auf die Suche nach den Orten, an denen sich lesbische Feministinnen zu Hause fühlen. Mlađenović nennt sie „lesbische Nester“. Sie erzählt über die Solidarität der Frauen in den 80er und 90er Jahren, gerade während der Balkankriege. Im anschließenden Workshop geht sie mit den Teilnehmer*innen weiter auf Spurensuche nach lesbischer Solidarität, auch in internationalen Zusammenhängen.

International wird es auch bei Dr. Rita Schäfer, Uta Schwenke und Cornelia Sperling. „Lesben in Afrika“, der Workshop fragt nach der Kraft der Vernetzung unter lesbischen Frauen und was sie bedeutet – über die Landesgrenzen und den afrikanischen Kontinent hinaus. In einem neu hinzugekommenen Workshop bietet Annalena Müller einen Überblick über die Erfahrungen in der Arbeit mit LGBTIQ* Refugees. Welche Hilfsangebote gibt es inzwischen und wie funktioniert das? Müller berichtet und lädt zum Austausch ein. Ganz praktisch wird es parallel bei Ursula Neumann. Die Unternehmensberaterin ist davon überzeugt, dass Erfolge ebenso wie Misserfolge Chancen für Neues bieten. In ihrem Workshop geht sie mit den Teilnehmer*innen den Faktoren nach, die konkrete lesbische Projekte erfolgreich oder eben nicht ganz so erfolgreich gemacht haben.

Zum Ausklang des Tages wird es neben den Ergebnissen der Fotobox einen Raum für persönliche Eindrücke und Infos zum anschließenden Empfang geben. Einen weitern spannenden Höhepunkt lässt der Titel „Caro provoziert“ vermuten. Die Projektleiterin der NRW-Kampagne „anders und gleich – Nur Respekt Wirkt“ verrät noch nicht, was sich dahinter verbirgt. Unser Fazit: Ein Tag voller Themen, Eindrücke und Denkanstöße scheint garantiert. Wir werden berichten.

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