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Anne-Klein-Frauenpreis 2013 für lesbische Aktivistin

Porträt Lepa Mlađenović by © Biliana Rakočević

Vorbild für Aktivistinnen – Signal gegen Homophobie: Anne-Klein-Frauenpreis 2013 für Lepa Mlađenović

Heinrich-Böll-Stiftung: Lepa Mlađenović ist eine Frau, die Mut macht

 „Ich hoffe, ihr bekommt richtig Rückenwind während eures Besuchs“, ruft Barbara Unmüßig, Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung, den 22 lesbischen Frauen aus Serbien und Bosnien-Herzegowina zu, die zur Verleihung des Anne-Klein-Frauenpreises 2013 nach Berlin gereist sind. Wie viel Rückenwind lesbische Aktivistinnen für ihre Arbeit brauchen, davon berichtet die lesbische Feministin Lepa Mlađenović, die sich seit Jahrzehnten gegen Diskriminierung, Homophobie und Gewalt einsetzt, in ihrer Ansprache nach der Verleihung des Anne-Klein-Frauenpreises: „Hass auf Homosexuelle hat Tradition in Serbien.“ Mit der Auszeichnung zu Ehren der ersten feministischen Frauensenatorin fördert die Heinrich-Böll-Stiftung das Engagement von Frauen, die sich für die Verwirklichung von Geschlechterdemokratie einsetzen.

„Teil der feministischen Avantgarde (Ex-)Jugoslawiens“

Der Preis wird von Renate Künast übergeben: „Ich will gar nicht viel sagen, außer, dass Du genau die Richtige bist, um diese Auszeichnung zu bekommen“, gratuliert die Fraktionsvorsitzende der Grünen. Die Laudatio hält die Geschäftsführerin der Frauenrechtsorganisation medica mondiale (Link: http://www.medicamondiale.org/), Monika Hauser. Sie würdigt Lepa Mlađenović vor über 220 Gästen in Berlin nicht nur als Teil der feministischen Avantgarde ihrer Heimat, sondern als Inspiration für Frauen weltweit: „Die Selbstverständlichkeit, mit der Lepa Mlađenović ihr Lesbisch-Sein lebt, ermutigt immer wieder so viele andere Frauen, die Fesseln einer nicht frei gewählten Sexualität und Lebensweise abzuwerfen – nicht nur in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens, sondern überall auf der Welt, wo Lepa Mlađenović lebt, lehrt, arbeitet und einfach da ist.“

Vielfachdiskriminierung und Vernachlässigung

 „Als feministische Lesben haben wir wieder und wieder die Erfahrung gemacht, dass wir selbst für gute Nachrichten sorgen müssen“, erklärt Lepa Mlađenović. Sie hat sich entschlossen, ihre Dankesrede nicht auf der Bühne zu halten, sondern indem sie vor den Reihen der Gäste im Hauptsitz der Heinrich-Böll-Stiftung auf und ab geht. „Als Aktivistin ist mein Platz nicht hinter einem Rednerpult.“ Sichtlich gerührt nimmt sie die Auszeichnung entgegen. „Lesben in meiner Region haben keinen Platz in ihren Regalen, der für Auszeichnungen reserviert ist. Die letzte lesbische Frau, die mir in dieser Hinsicht einfällt, ist Martina Navrátilová“, sagt sie mit einem verschmitzten Lächeln und betont, dass sie den Preis als Teil einer großen lesbisch-feministischen Familie annimmt, die sich seit Jahren für Frieden und Versöhnung einsetzt. Zusammen mit den 21 jungen Lesben, die mit ihr gereist sind, wird sie sich in Berlin mit anderen Aktivistinnen austauschen und Anne Kleins Lebenswerk würdigen. In ihren Heimatländern werden Frauen wie sie gleich mehrfach diskriminiert: als Frauen, Feministinnen und Lesben.

Verantwortung und Solidarität in Kriegszeiten

 Für Lepa Mlađenović haben militanter Nationalismus und Homophobie eine gemeinsame Wurzel: das patriarchale System, das Hass gegen andere schürt. In ihrer Arbeit hat sie sich daher immer auch für Antinationalismus und Antimilitarismus eingesetzt. Sie ist eine der Mitbegründerinnen der „Frauen in Schwarz“, die mit stummem Protest jahrelang im Herzen Belgrads gegen einen Krieg demonstrierten, den sie nicht gewollt hatten. Sie hielten die Beziehungen zu anderen Frauenorganisationen über Landesgrenzen hinweg aufrecht und organisierten Hilfe für traumatisierte Mädchen und Frauen. Lepa Mlađenović initiierte Begegnungen von muslimisch-kroatischen und serbischen Frauen, ist Mitgründerin der Gruppe „Labris“ und des Zentrums für Frauenstudien in Belgrad, wo sie auch als freie Dozentin arbeitet. Sie organisiert Kurse, in denen Frauen Strategien zur Prävention von Gewalt lernen, und betreut zusammen mit zwei anderen Beraterinnen eine kostenlose SOS-Hotline für lesbische Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind, die allein sind mit ihrer lesbischen Identität – und die manchmal ganz einfach auch Rat in Liebesbeziehungen suchen.

Ein bisschen Du, ein bisschen Ich

Um die Liebe geht es auch in den Liedern, die die in Belgrad geborene Künstlerin Vesna Maxic alias Maloya Maloti zwischen den Reden vorträgt. Als die Wahlberlinerin, deren Künstlername „Ein bisschen Du, ein bisschen Ich“ bedeutet, schließlich ein Liebeslied aus Bosnien-Herzegowina anstimmt, das in den vergangenen Jahren zu einer Hymne für Lesben auf dem Balkan geworden ist, hält es die Aktivistinnen, die mit Lepa Mlađenović nach Berlin gereist sind, nicht mehr auf ihren Stühlen. Sie klatschen, tanzen und singen – und reißen schließlich nicht nur Renate Künast mit.

Liebe zu sich selbst – und zu anderen

Lepa Mlađenović schließt ihre Ansprache mit einem Aufruf zur Solidarität miteinander und mit der eigenen Identität. Die Frau, die in ihrer Heimat für Vergebung und Versöhnung eintritt, fordert lesbische Frauen auf, sich selbst eine Freundin zu sein. Sie verbeugt sich vor Anne Kleins Partnerin, Barbara Binek, und überreicht ihr einen Strauß Schlüsselblumen. Die Preisverleihung endet mit einem einstimmigen Ausruf der serbischen und bosnischen Lesben: „Anne Klein – danke!”, der beinahe im aufbrandenden Applaus für Lepa Mlađenović und ihre Mitstreiterinnen untergeht.

„Ich bin geehrt und sehr gerührt über die Auszeichnung“, betont Lepa Mlađenović. „Dass mit mir junge Aktivistinnen nach Berlin gereist sind, ist glaube ich auch in Anne Kleins Sinn.“

Foto: © Biliana Rakočević, offizielles Pressebild der Heinrich-Böll-Stiftung

Mehr zu Lepa Mlađenović findet ihr bei der Heinrich-Böll-Stiftung.

Info Anne Klein

Frauen haben eine andere Vorstellung von Politik und eine andere Qualität von menschlichen Beziehungen, die sich auch in der Form der politischen Auseinandersetzung durchsetzen und zeigen wird.
(Anne Klein, 1989)

Anne Klein (1950 – 2011) war Juristin und die erste feministische Frauensenatorin in Berlin. Ihren Amtseid legte sie mit den Worten „So wahr mir Göttin helfe“ ab. Zu ihren Ehren vergibt die Heinrich-Böll-Stiftung den mit 10.000 € dotierten Anne-Klein-Frauenpreis. Die Auszeichnung wurde erstmals 2012 verliehen: an die indische Menschenrechtsaktivistin Dr. Nivedita Prasad.

Katrin

 

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