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Auf dem Weg zur EM 2013 in Schweden
Das Vorbereitungsspiel gegen Schottland
Im Rahmen des zweiten Vorbereitungslehrganges der Deutschen-Frauen-Nationalmannschaft traf das Team von Silvia Neid am gestrigen Samstag in Essen auf die Mannschaft von Schottland.
Unerwartete Hürden
Bereits während der Trainings in den vergangenen Tagen ereilte Neid eine Hiobsbotschaft nach der anderen und am Morgen des ersten Testspiels war klar, dass Kim Kulig als fünfte Leistungsträgerin die EM verletzungsbedingt absagen muss und in Schweden nicht dabei sein wird. Auch Linda Bresonik musste zwei Tage zuvor für Schweden passen, da die 84-malige Nationalspielerin seit Monaten an einer Achillessehnen-Entzündung im linken Fuß leidet und eine volle Belastung schon im ersten Lehrgang nicht möglich war. Für beide Spielerinnen stehen nun Operationen statt EM an. Mit Bresonik fehlt dem deutschen Team eine wichtige erfahrene Spielerin. Neben den beiden fehlen desweiteren Alexandra Popp, Verena Faißt und Viola Odebrecht. Mit Laudehr und Bajramaj kehren zwei Leistungsträgerinnen nach langer Verletzung ins Team zurück – beide absolvierten noch kein Spiel in 2013 und nähern sich ihrer Form erst an.
Die Chancen der Jungen
Trotz der neuerlichen Ausfälle verzichtet Silvia Neid auf weitere Nachnominierungen, da nach dem zweiten Testspiel am 16. Juni in Paderborn der EM-Kader benannt werden wird. Somit bietet sich für einige der bereits nominierten jungen Talente die Chance, sich für einen der frei gewordenen Plätze in der Startelf zu empfehlen.
Gelungener Start, aber nicht mehr
Die erste Möglichkeit hatten sie dazu im Testspiel gegen Schottland, das in Essen ausgetragen wurde. Vor rund 9.300 Zuschauer_innen taten sich die deutschen Frauen zunächst sehr schwer, obwohl sie von Anfang an beherzt und motiviert zur Sache gingen. Das von Neid erhoffte frühe Pressing der Schottinnen verhinderte in den ersten knapp 20 Minuten einen druckvollen Spielaufbau und verursachte immer wieder Fehlpässe. Diese bescherten den Schottinnen teilweise unerwartete Chancen, die zum Glück ungenutzt blieben. Im Laufe der ersten Halbzeit erarbeiteten sich die Deutschen nach und nach Möglichkeiten, die allerdings nicht zwingend genug waren, aber das Potential unserer Spielerinnen andeuteten. In der 34. Minute leitete Anja Mittag mit einem genialen Zuspiel auf Lena Goeßling das ersehnte 1:0 ein. Die wusste den Traumpass geschickt anzunehmen und zu verwerten. Nur neun bzw. zehn Minuten später erhöhte die bis dahin sehr stark spielende Celia Okoyino da Mbabi mit einem Doppelschlag auf 2:0 und 3:0. Mit diesem Spielstand ging es dann auch in die Pause.
Mit vier Auswechslungen startete die deutsche Elf in die zweite Hälfte des Testspiels und zeigte sich wesentlich spielbestimmender, was auch darauf zurück zu führen war, dass die Schottinnen ihr Pressing nicht mehr konsequent praktizierten. Die schottische Mannschaft kam nur noch zu gelegentlichen Entlastungsangriffen, die aber ungefährlich blieben. Im Verhältnis zu ihrer Überlegenheit erarbeiteten sich die deutschen Frauen allerdings wenige hochkarätige Chancen vor dem schottischen Tor und diese blieben ungenutzt. Beste Möglichkeit hatte Anja Mittag mit einem Lupfer, den die gegnerische Torfrau mit den Fingerspitzen noch an den Pfosten lenken konnte. So blieb es, trotz einer überlegenen zweiten Hälfte beim 3:0 für die deutsche Nationalmannschaft.
Fazit
Die deutschen Frauen zeigten von der ersten Minute an Kampfes- und Siegeswillen, wirkten in vielen Situationen jedoch etwas müde und gelegentlich unsicher – sowohl in der Defensive als auch im Spielaufbau und im Abschluss. Für ein Testspiel in der frühen Vorbereitungsphase vor einem großen Turnier aber nichts Ungewöhnliches! Der Sieg ging in dieser Höhe absolut in Ordnung, auch wenn die Zuschauer_innen sich nach dem Halbzeitstand für die zweite Halbzeit noch etwas mehr erhofft hatten. Die Spielerinnen gaben bis zur letzten Minute ihr bestes, was vom Publikum mit viel Beifall und toller Stimmung honoriert wurde. Absolut positiv war auch die Integration der jungen Spielerinnen, die vor allem in der zweiten Hälfte zum Einsatz kamen. Dass nach den ganzen Ausfällen noch nicht alles rund läuft, sollte selbstverständlich sein. Deutlich Luft nach oben haben für mich allerdings die Standardsituationen, die allesamt ungefährlich blieben.
Ausblick auf die EM in Schweden (10. bis 28. Juli)
Circa vier Wochen bleiben Silvia Neid noch, die Ausfälle der Leistungsträgerinnen zu kompensieren und eine Mannschaft mit einigen „ungewohnten“ Namen zu formieren. Neben den tollen Talenten, denen es jedoch an internationaler Erfahrung mangelt gilt es für die Trainerin, feste Größen wie Bajramaj und Laudehr wieder an ihre alte Leistung heranzuführen und ein Team zu bilden, das so vermutlich noch nicht zusammen gespielt hat.
Favoritenrolle noch gerechtfertigt?!
Noch vor wenigen Tagen galt Titelverteidiger Deutschland als haushoher Favorit. Es ist immerhin 20 Jahre her, dass eine andere Mannschaft als Deutschland den Europameistertitel der Fußballfrauen gewinnen konnte (Norwegen, 1993). Nach den aktuellen Ausfällen der Leistungsträgerinnen gab es heute im Stadion jedoch so manche Diskussion, ob die Erwartungen an eine Titelverteidigung nicht zu hoch gesteckt sind. Ich persönlich bin mir sicher, dass sowohl Silvia Neid als auch die Mannschaft das Beste aus der Situation machen und vollen Einsatz zeigen werden. Ob die kurze Vorbereitungszeit jedoch reichen wird, um neben Gastgeber Schweden als Favorit ins Turnier zu gehen, wird sich zeigen. Meine Erwartungen habe ich allerdings heruntergeschraubt, denn solch ein junges Team verdient die Zeit zu wachsen. Bleibt zu hoffen, dass die deutschen Frauen von weiterem Verletzungspech verschont bleiben!
Weitere Testspiele:
19. Juni Testspiel Deutschland – Kanada (Paderborn, ARD)
29. Juni Testspiel Deutschland – Japan (München, ARD)
EM-Spiele, Vorrunde:
11.07. Deutschland – Niederlande (Växjö) (20.15 Uhr/ZDF, Anstoß 20.30 Uhr)
14.07. Deutschland – Island (Växjö) (20.15 Uhr/ZDF, Anstoß 20.30 Uhr)
17.07. Deutschland – Norwegen (Kalmar) (18 Uhr/ARD)
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