informelle
Lesben, Bi, Trans*, Inter und Queer ausgelesen
Warum gibt es eindeutig mehr Lesben als Schwule?
Warum? Das frage ich mich auch als ich diesen Google Alert in meinem Postfach finde – erstaunt und verwundert. Eindeutig mehr Lesben als Schwule? Das nehme ich im Meer der Aktivitäten und öffentlichen Diskurse völlig anders wahr. Und siehe da, beim Klick auf den entsprechenden Link erhalte ich „Fehler 404“. Die Seite gibt es nicht. Kein Wunder.
Schwul ist übergroß vertreten
Zeitgleich macht mich via Facebook Kollegin Stephanie Kuhnen auf die taz-Podiumsdiskussion „Das Menschenrecht auf sexuelle Selbstbestimmung“ aufmerksam. Meine Sicht der LSBTI-Welt ruckelt sich unsanft zurecht und wird beim Anblick der sechs Referent_innen und eines Moderators zurück in vertraut-verärgerte Bahnen gelenkt. Deutlich ist zu sehen, was das Buchstaben-Kürzel LSBTI in Deutschland bedeutet: Das „S“ wird übergroß vertreten, das „l“ ganz klein, die anderen Buchstaben kommen erst gar nicht vor.
Computergesteuert durch Hetero-Matrix?
Eine Frau darf sich am 25. April mit sechs Männern darüber streiten, ob queere Lebensstile oder rechtliche Gleichstellung wichtiger sind. Den Rahmen bietet der Gedöns-Kongress der taz unter dem klingenden Namen „Was wirklich zählt.“ Poppig provokant stellt die Einführung fest, man(n) wolle diskutieren, wie sehr in deutschen Landen LSBTI mit sich selbst beschäftigt seien. Dabei verlieren wir auf Buchstaben reduzierten Menschen „das Eigentliche aus dem Blick“: Konsequent Menschenrechte sexueller Minderheiten „innerhalb der heterosexuellen Matrix“ einzufordern. Heterosexuelle Matrix? Sind wir „Anders als die anderen“-Menschen nur computeranimierte Spielbälle einer Hetero-Welt, in der Agent Smith über jeden unserer Schritte wacht? Dreht sich die viel beschworene „LSBTI-Community“ hierzulande wirklich nur um sich selbst und beschaut sich selbst den Nabel? Von Flügelkämpfen politischer Natur, Milieubefindlichkeiten und dem Zankapfel CSD ist da die Rede.
Gruppenbild mit Alibi-Dame
Gelesen habe ich vom heftigen Streit zwischen unterschiedlichen politischen Positionen in letzter Zeit auch – meist auf Facebook. Unter schwulen Männern verschiedener Couleur wohlgemerkt. Welche Milieubefindlichkeiten gemeint sein sollen, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Dass spätestens seit Mitte der 90er Jahre darum gestritten wird, wie kommerziell der CSD sein soll, ist hingegen eine Binsenweisheit. Und vor allem ist das eine notwendige und erlaubte Frage, weniger eine Nabelschau. Menschenrechte einfordern, lassen sich dabei trotzdem. Insgesamt bleibt der Ankündigungstext schwul und klingt nach Berliner Hauptstadtsuppe. Da macht die Referenten-Auswahl am Ende wohl doch Sinn: Gruppen-Chat mit Alibi-Dame. Fragt sich nur, welche Relevanz eine Veranstaltung haben soll, in der LBTIQ am Katzentisch Platz nehmen.
Liebe taz, denke ich derweil: Diversity geht anders als weiß und männlich. Cis-Y-gegendert zählt diese Podiumsdiskussion nicht wirklich. Schade.
P.S. Nur am Rande sei noch erwähnt, der Buchstabe „Q“ fehlt in der Buchstaben-Community der Podiumsankündigung gleich ganz. Dafür steht der queere Lebensstil als Belzebub der rechtlichen Gleichstellung entgegen.