informelle
phenomenelle des Tages vom 13.1.2013
Dr. Ilse Kokula (geb. 13.1.1944)
Ihr Einfluss darauf, dass lesbisches Leben heute in Deutschland vergleichsweise offen und frei möglich ist, kann gar nicht überschätzt werden. Als eine der ersten Wissenschaftlerin forscht sie bereits in den 70er und 80er Jahren zur Geschichte und Gegenwart lesbischer Frauen, veröffentlicht Bücher und schreibt in Magazinen wie der Lesbenfront und der UKZ. Gleichzeitig engagiert sie sich politisch in der Frauen- und Lesbenbewegung. Wichtig ist ihr dabei auch die Zusammenarbeit zwischen Lesben und Schwulen. So baut sie die gemeinsame Gewerkschaftsgruppe der ÖTV auf und arbeitet an der großen Ausstellung Eldorado über homosexuelles Leben in Berlin zwischen 1850 und 1950 mit. Einmal mehr zeigt sie dabei auch, wie gut sie vernetzen kann. Ebenso bringt sie deutsche, schweizerische und niederländische Lesben zusammen.
Die fundierte universitäre Ausbildung wird ihr alles andere als in die Wiege gelegt. Als das älteste von 8 Kindern soll sie lediglich Hilfsarbeiterin werden. Sie erkämpft sich gegen Widerstände die Lehre als Köchin, arbeitet einige Jahre in dem Beruf. Dann studiert sie an der höheren Fachschule Sozialarbeit. Holt während der darauffolgenden beruflichen Praxis die mittlere Reife nach und studiert von 1971–74 Pädagogik in Berlin. Ihre Diplomarbeit schreibt sie über die Lesbengruppe im LAZ und veröffentlicht diese als Der Kampf gegen Unterdrückung unter einem Pseudonym. 1982 promoviert sie in Bremen in Soziologie. 2 weitere Bücher Weibliche Homosexualität um 1900 und Formen lesbischer Subkultur folgen. 1985 beruft die Universität in Utrecht sie zur Gastprofessorin für „soziale Geschichte und Sozialisation lesbischer Frauen“. Außerdem hält sie Vorträge.
Der Berliner Senat setzt sie 1989 als erste Gleichstellungbeauftragte im „Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen“ ein. Sie organisiert Tagungen, begleitet Publikationen und kämpft nun innerhalb einer staatlichen Verwaltung für die Emanzipation von Lesben und Schwulen. Nach 7 Jahren macht sie Schluss damit und findet im Bereich Jugendschutz ein neues Betätigungsfeld. Auch aus den lesbischen Zusammenhänge zieht sie sich zeitweise zurück. Seit ihrer Pensionierung 2004 macht sie wieder von sich reden und arbeitet ehrenamtlich im Berliner Frauenzentraum Frieda. 2007 erhält sie das Bundesverdienstkreuz. Die Staatssekreätrin Almuth Nehring-Venus sagt bei der Preisverleihung über sie
Dr. Ilse Kokula hat mit ihrem außerordentlichen, von Courage, Wissensdrang und Beharrlichkeit getragenen Engagement wesentlich zur Emanzipation von Lesben und Schwulen und zur Entwicklung einer toleranten und offenen Gesellschaft beigetragen.
(Quelle: Berlin.de, Pressemitteilung des Landes Berlin vom 22.5.2007)
Die lespress widmete ihr 2004 anlässlich ihres 60. Geburtstags einen ausführliche Glückwunsch.
Foto: lespress/Barbara Dietl