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phenomenelle des Tages: Anita Augspurg
Die Frauenfrage ist zwar zum großen Teil Nahrungsfrage, aber vielleicht in noch höherem Maße Kulturfrage, in allererster Linie aber ist sie Rechtsfrage, weil nur von der Grundlage verbürgter Rechte an ihre sichere Lösung überhaupt gedacht werden kann.
(Quelle: http://www.nur-zitate.com)
Anita Augspurg (22.9.1857–20.12.1943)
Nach einer Karriere als Schauspielerin und Fotografin entschließt sie sich zum Jurastudium in der Schweiz. Nachdem sie erfolgreich ihren Doktor absolviert hat, wird sie die erste promovierte Juristin im deutschen Kaiserreich. Gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin Lida Gustava Heymann kämpft sie für das Frauenwahlrecht, eine Reform des Familienrechts, gegen die Strafverfolgung von Prostituierten und setzt sich dafür ein, den Abtreibungsparagraphen zu streichen.
Augspurg wird als jüngstes von fünf Kindern in ein liberales Elternhaus geboren. Der Vater, ein Anwalt, geht für die Teilnahme an der 1848er Revolution ins Gefängnis. Die Mutter sorgt dafür, dass ihre Kinder besondere Freiheiten genießen und sich entsprechend deren eigener Vorstellungen entwickeln. Trotzdem muss sich Augspurg nach der höheren Töchter Schule 5 Jahre gedulden, bevor sie – endlich volljährig – in Berlin eine Ausbildung als Lehrerin beginnen kann. Heiraten will sie auf keinen Fall.
Einsatz für die Frauenrechte
Das Glück in Gestalt eines Erbes ermöglicht ihr wirtschaftliche Unabhängigkeit. Sie beschließt Schauspielerin zu werden und spielt mehrere Rollen an den Berliner Bühnen. Mit 27 Jahren hat sie genug davon, will lieber politisch wirken und sich gesellschaftlich einbringen. 1891 – sie lebt inzwischen in München – beginnt ihr frauenpolitisches Engagement. Sie tritt dem Verein zur Frauenbildungsreform bei, der gleiche Bildung für Mädchen fordert. Augspurg erkennt, dass die Frauenbewegung rechtliche Kenntnisse braucht und geht zum Jurastudium nach Zürich. Mit 40 macht sie ihren Abschluss und mischt von nun an kräftig mit. Deutschlands erste Juristin schreibt Anträge, Gesetzentwürfe, hält Vorträge. 1896 lernt sie auf einem Kongress die 11 Jahre jüngere Lida Gustava Heymann kennen. Sie freunden sich an und werden schnell unzertrennlich.
Als Pazifistin ist Augspurg 1915 an der Gründung der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit beteiligt. Nur wenige ihrer bürgerlichen Mitkämpferinnen schließen sich an. Im Laufe der Jahrzehnte geben Augspurg und Heymann verschiedene politische Zeitschriften für Frauen heraus. 1933 beschließen beide in weiser Voraussicht von einer Auslandsreise nicht nach Deutschland zurückzukehren. 10 Jahre später stirbt Augspurg kurz nach Heymanns Tod im Schweizer Exil. Seit 2009 vergibt die LAG Lesben NRW jedes Jahr den nach dem Paar benannten Augspurg-Heymann-Preis für couragierte Lesben.
Foto: By Sophie Goudstikker (1865-1924), Atelier Elvira [Public domain], via Wikimedia Commons
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