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phenomenelle des Tages: Doris Lessing
Doris Lessing (22.10.1919–17.11.2013)
Eine der großen Federn der Literatur des 20. Jahrhunderts starb gestern mit 94 Jahren in London. Sie stritt für und schrieb über die Themen, die ihr wichtig schienen. Lessing sah sich immer als politische Person. Vereinnahmen lassen, wollte sie sich dennoch nie. Dass einer ihrer berühmtesten Romane Das goldene Notizbuch zu einer der Bibeln der 2. Frauenbewegung wurde, quittierte sie mit leichtem Unverständnis. Sie hatte nur „über das Leben von Frauen schreiben wollen“. Ein feministisches Essay lag ihr fern.
Geboren wird Lessing kurz nach dem I. Weltkrieg im Iran. Ihr Vater, ein Kriegsveteran, arbeitet als Bankangestellter. Die Mutter ist Krankenschwester. Nach den ersten Jahren im Iran lebt die Familie eine Weile in England und zieht dann nach Zimbabwe (damals Rhodesien) um. Sie werden Maisfarmer_innen. Früh rebelliert Lessing gegen die Eltern. Kaum 14 Jahre alt verweigert sie sich weiterer Schulbildung, sucht sich Arbeit. 2 Ehen geht sie ein. Der ersten, die sie mit 20 schließt, entstammen 2 Kinder. Die bleiben nach der Scheidung beim Vater. Sohn Peter, der aus der 2. Ehe mit dem deutschen Kommunisten Gottfried Lessing stammt, wächst bei ihr auf.
Ach herrje, ein Nobelpreis
Gleich ihr erstes Werk Afrikanische Tragödie wird 1949 ein Erfolg, ca. 50 folgen. Als eine der ersten englischsprachigen Autorinnen thematisiert und kritisiert sie die Apartheid. Publikum und Kritik entwickeln ein gespaltenes Verhältnis zu Lessings Werken. Für die einen gehört sie zu den ganz Großen, andere sehen in ihr eine Überschätzte, wieder andere fühlen sich von nachfolgenden Büchern enttäuscht. Spät wird ihr Werk außerhalb Großbritaniens wahrgenommen. Und ebenfalls spät erhält sie 2007 – bereits 88 Jahre alt – den Nobelpreis für Literatur. In der Begründung des Kommitees, die sie als „Epikerin weiblicher Erfahrung“ bezeichnet, sieht sie sich missverstanden. Legendär bleibt ihre achtlose und leicht spöttische Reaktion auf die späte Ehrung, die nicht nur sie selbst längst überfällig fand: „Ach herrje (Oh Christ)“.
Foto: By Elke Wetzig (elya) (Own work) [GFDL, CC-BY-SA-3.0 or CC-BY-SA-2.5-2.0-1.0], via Wikimedia Commons
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