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phenomenelle des Tages: Eren Keskin
Eren Keskin (geb. 24.5.1959)
Sie ist nicht nur von Rechts wegen Anwältin, sondern setzt sich seit vielen Jahren für die Menschenrechte von Frauen und Kurden in der Türkei ein. Als erste wagt sie es 2000 öffentlich zu machen, dass Frauen in türkischen Gefängnissen sexuell gefoltert und vergewaltigt werden. Die Täter kommen in der Regel ohne Strafe davon, selbst wenn sie angeklagt werden.
Die Tochter aus liberalem Haus wächst in einer politisch denkenden diskutierfreudigen Familie auf. Ihre Großmutter gehört zu den ersten Frauen, die in der Türkei studieren dürfen. Schon als Schülerin setzt sich Keskin für Menschenrechte ein. Erst mit 14 Jahren erfährt sie von ihrem Vater, dass er Kurde ist. Aus Angst davor, seinen Job zu verlieren, verheimlicht der Bankangestellte seine Herkunft viele Jahre. Aber Keskin will sich nicht verstecken. Sie studiert Jura und lässt sich 1985 als Anwältin nieder. Zu ihren Klienten gehören politisch Verfolgte und Folteropfer. Konsequent setzt sie sich auch gegen die Todesstrafe ein. Ab 1986 schließt sie sich dem Türkischen Menschrechtsverein (IHD) an, dessen Vizepräsidentin sie 2002 wird.
Ihr Engagement bringt sie schnell in Konflikt mit staatlichen Behörden. Auch die Anwältin wird mehrfach verhaftet und angeklagt. 1994 schließlich verurteilt, weil sie in einem Brief an das belgische Parlament das Wort Kurdistan schrieb. Während der 6-monatigen Haft trifft sie Klientinnen wieder. Im Gefängnis fassen die Frauen noch einmal anders Vertrauen zu ihr. Alle Insassinen berichten von sexuellen Übergriffen, die meisten von Vergewaltigungen.
Wieder in Freiheit gründet Keskin 1997 ein Hilfsprojekt für Frauen, die diese Form von Folter im Gefängnis erleben mussten. Das Projekt bietet unter anderem Rechtshilfe. Mehrere Male sperren die Behörden die Anwältin auch danach noch ins Gefängnis, zeitweise erhält sie Berufsverbot, von Morddrohungen ganz zu schweigen. Doch sie lässt sich nicht beirren. 2001 erhält sie den Menschrechtspreis der deutschen Sektion von amnesty und 2004 den Aachener Friedenspreis.
Keskin selbst empfindet ihren Einsatz und die damit verbundene Lebensgefahr wohl selbst gar nicht als mutig. Gegenüber EMMA sagt sie 2003:
Die Angriffe und Bedrohungen sind Teil meines Lebens geworden. Ich denke gar nicht mehr daran. Entweder man entscheidet sich, weiterzumachen und nimmt die Konsequenzen in Kauf – oder man lässt es bleiben.
Foto: Quelle https://twitter.com/erenkeskin
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