informelle
phenomenelle des Tages: Herta Leistner
Veränderungen werden nur kommen, wenn wir uns hörbar machen und uns gegenseitig unterstützen.
(Herta Leistner in 20 Jahre Bad Boll)
Dr. Herta Leistner (geb. 28.5.1942)
Als erste bricht sie ein Tabu auf und macht deutlich, es gibt lesbische Frauen in der evangelischen Kirche. Dafür wird sie von konservativen Kräften beschimpft und bekämpft, aber der Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Leistner wächst in einem religösen Elternhaus auf. Sie ist gerade 16 Jahre als die Mutter durch einen Suizid ihrem Leben ein Ende setzt. Das Mädchen muss Vater und Bruder versorgen. Ein Jahr später macht sie ein freiwilliges diakonisches Jahr. Aufkeimende Gefühle für Mädchen und fehlende für Jungen verunsichern sie, denn das ist in der bleiernen Zeit der 50er eine Sünde.
Sie holt das Abitur nach, studiert Sozialpädagogik. Um sie herum tobt die Studentenbewegung, die zweite Frauenbewegung nimmt ihren Anfang. Leistner lernt viel von den Aktivistinnen. In der Zeit wagt sie erstmals die Beziehung zu einer Frau. 1974 wird sie Studienleiterin in der evangelischen Akademie Bad Boll. Ein längerer Studienaufenthalt führt sie in die USA. Sie ist begeistert von der Kraft der dort entstandenden Frauenbewegung. Diesen Geist will sie nach Deutschland holen. Vom 16.–18.2.1979 organisiert Leistner mit Dr. Elisabeth Moltmann-Wendel die erste Werkstatt zu feministischer Theologie in Bad Boll. Ein Grundstein für die Frauenbewegung in der evangelischen Kirche. Lesbisches darf noch keine Rolle spielen.
Doch Leistner ist überzeugt davon, dass es noch mehr Lesben in der Kirche geben muss. Sie startet einen privaten Aufruf. Die Resonanz ist überwältigend, am Ende kommen 300 Frauen zusammen. 1985 findet die erste Tagung für Lesben in der Kirche statt. 2 Jahre später tritt sie gemeinsam mit 2 anderen Herausgeberinnen mit dem Buch Hättest du gedacht, dass wir so viele sind? an die Öffentlichkeit. Noch erzählen darin meist anonym lesbische Mitarbeiterinnen in der Kirche ihre Geschichte. Der Ärger bleibt nicht lange aus. Leistner wird von Offiziellen verhört, auch Überlegungen, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, stehen im Raum. Sie bleibt und ihre Themen auch. Obwohl die Hetze durch Evangelikale und ihnen nahestehende Medien an Schärfe zunimmt.
1996 erhält Leistner das Bundesverdienstkreuz für ihre Verdienste, lesbische Frauen in der Kirche und der Gesellschaft sichtbar zu machen. Wieder kommt es zum Eklat. Ein rechter Theologe gibt sein eigenes Verdienstkreuz aus Protest zurück. Eine neue Kampagne der Evangelikalen bringt das Bundespräsidialamt dazu, schnell noch hinzuzufügen, Leistner werde auch für ihre Jugend- und Frauenarbeit ausgezeichnet. 2009 verleiht ihr die Offene Kirche den AMOS-Preis für Zivilcourage.
Foto: Quelle Webseite Offene Kirche PM AMOS-Preis 2009 an Herta Leistner
Weitere Quellen und Links