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phenomenelle des Tages: Judith Butler
Judith Butler (geb. 24.2.1956)
Ihr 1990 veröffentlichtes Buch Das Unbehagen der Geschlechter löst einen Paukenschlag in der Geschlechter- und Feminismusdebatte aus. 40 Jahre nach Simone de Beauvoirs Das andere Geschlecht denkt sie deren bahnbrechende Erkenntnis „Man wird nicht als Frau geboren, man wird es“ weiter. Butler fragt danach, ob dies nicht auch für den Mann gilt und vor allem stellt sie die strikte Zweigeschlechtlichkeit, von der auch de Beauvoir und die feministischen Denkerinnen der 2. Frauenbewegung ausgingen, in Frage. Sie stellt das Modell des performativen Geschlechts auf.
Wir entdecken nach Butlers Theorie unsere Identität als Geschlecht und als Subjekt nicht aus einer individuellen und geschlechtlichen Natur, sondern performativ, dadurch, dass es ausgesprochen wird. Wenn eine Hebamme sagt: „Es ist ein Mädchen“, bedeutet das gleichzeitig die Aufforderung: „Werde ein Mädchen“. Wir sprechen, handeln und bewegen uns in einer Art und Weise, die unserer Vorstellung einer Frau oder eines Mannes entsprechen. Wir handeln so als sei das Mann- oder Frausein eine verinnerlichte Realität, dieses Phänomen jedoch ist performativ. Wir suchen uns somit unser soziales Geschlecht nicht aus, sondern erlernen es, das heißt wir beugen uns den vorherrschenden „weiblichen“ und „männlichen“ Normen.
Schon früh widmet sich Judith Butler der Philosphie und Theologie. Ihre Eltern haben europäisch-jüdische Wurzeln. Die Tochter besucht eine jüdische Schule und studiert jüdische Ethik. Ab 1974 studiert sie in Yale, zeitweise mit Stipendium an der Heidelberger Universität. Nach dem Abschluss 1982 wird sie Dozentin in Yale, macht 2 Jahre später ihren Doktor. Assistenzprofessuren führen sie an verschiedene Universitäten. 1991 wird sie Professorin, seit 1993 für Rhetorik in Berkley. An der Columbia in New York unterrichtet sie seit 2012 im Rahmen einer Gastprofessur für Englisch und vergleichende Literatur.
Weniger Beachtung finden oft Butlers politische Diskussionbeiträge. Sie entwirft eine konsequente Ethik der Gewaltlosigkeit. Im Angesicht des Anderen wird sich das menschliche Subjekt seiner selbst bewusst. Als nicht autonome und selbstbestimmte Existenz fühlt es sich ausgeliefert, unzulänglich und verletzbar. Um dem entgegen zu wirken, entstehen Hassreden, gewalttätige Übergriffe gegenüber kulturell als andersartig empfundenen Menschen und Gewalt. Butler stellt die Theorie auf, dies könne überwunden werden, indem sich Menschen dem Anderen zuwenden.
Butler wird für ihre Lehre, ihr soziales und politisches Engagement mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter 2012 als erste Frau überhaupt mit dem Theodor W. Adorno Preis. Die Entscheidung findet Kritiker, weil sie angeblich die Legitimation des Staates Israel anzweifle. Zwei Jahre zuvor sollte Butler auf dem CSD in Berlin mit dem Zivilcourage-Preis geehrt werden. Diesen lehnte sie jedoch mit der Begründung ab, dass Organisationen wie GLADT, LesMigras, Suspect und ReachOut ihn eher verdient hätten, und distanzierte sich eindeutig von in ihren Augen „Komplizenschaft mit Rassismus“ in jeglicher Form.
Foto: By Adorno-preis-2012-judith-butler-ffm-287.jpg: Dontworry derivative work: Emma7stern [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
Der Text enstand gemeinsam mit Andrea Schlosser.
Weiterführende Links und Quellen
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