informelle
Wahlen im Mai
Mehr als nur Feiertage
Der Monat Mai – Lieblingsmonat der Arbeitnehmer – bleibt den meisten neben den vielen Feiertagen, meist nur durch ein höchst unpolitisches Ereignis im Sinn, dem ESC (Eurovison Song Contest).
Sogar IDAHO (Internationaler Tag gegen Homophobie) musste sich den 17. Mai mit einem Feiertag teilen und ist dieses Jahr relativ leise geblieben, zumindest was meine Wahrnehmung betrifft. Hätte Anke Engelke nicht die journalistische Ehre durch ihre Einleitung zur Präsentation der deutschen Punkte beim ESC gerettet – was sie weltweit bekannt machte –, wäre der Monat Mai relativ langweilig geblieben.
Frankreich und NRW wählten
Wenn da nicht diese beiden wegweisenden Wahlen gewesen wären. Die in meinem Geburtsland Nordrhein-Westfalen und die anderen in meinem Wohnland Frankreich. Ich weiß gar nicht, welche von beiden spannender war und welche die katastrophaleren Auswirkungen gehabt hätte, wäre das Ergebnis ein anderes gewesen.
Die turnusmäßigen Präsidentschaftswahlen haben François Hollande als Sieger hervorgebracht, und ich bin wirklich froh, dass sich die Wähler durchgesetzt haben, die einen Wechsel wollten. Meine größte Sorge aber galt dem ersten Wahlgang, in dem Marie le Pen, Chefin der extrem rechten Front National, große Chancen eingeräumt wurden und alle eine Wiederholung der Wahlen von 2002 befürchteten. In diesem Jahr hatte ihr Vater die zweite Runde der Wahlen erreicht und obwohl keiner mehr Chirac als Präsident wollte, stimmte dann doch die Mehrheit für ihn.
Junge Schwule befürworteten Le Pen
Im Vorfeld der diesjährigen Wahlen wurde ein Artikel in tetû, einem schwul-lesbischen Print- und Web-Magazin, veröffentlicht, der ausloten sollte, wen junge Schwule wählen würden. Ohne einen repräsentativen Anspruch erheben zu wollen, war die Anzahl der le Pen Befürworter erschreckend hoch. Und warum? Weil le Pen auf den Zug aufgesprungen ist, dass junge Ausländer zu viele Straftaten begehen, auch in viele Prügeleien verwickelt seien und deshalb deren Einwanderung verhindert werden müsse bzw. sie ausgewiesen werden müssten.
Ihre Rhetorik während dieser Phase erinnerte sehr an den Holländer Geert Wilders, der mit ähnlichen Parolen viele schwule Wähler einfangen konnte, obwohl er, wie auch Marine le Pen, ausgesprochen homophob ist, und das noch nicht einmal versteckt.
So hat le Pen es 2012 geschafft, im ersten Wahlgang knapp 1/5 der Stimmen auf sich zu vereinen, was zugleich zum größten Erfolg für ihre Partei wurde. In verschiedenen Regionen, zu denen auch das Elsass gehört, war dieser Anteil allerdings noch höher. Da parallel viele Stimmen an Sarkozy (damaliger Amtsinhaber) und Hollande (jetziger Amtsinhaber) gingen, fand die Stichwahl am zweiten Wahlsonntag dann doch zwischen diesen beiden statt. Die Berichterstattung im Fernsehen hatte einige bemerkenswerte Momente parat, so bei arte, dessen Sendung von Marie Labory moderiert wurde, der einzigen offenen Lesbe im französischen Fernsehen.
Hollande bekennt sich zu LGBT-Rechten
Welche Änderungen das Ergebnis für Frankreich bringen wird, ist natürlich noch nicht abzusehen, auch weil Anfang Juni Parlamentswahlen stattfinden, nach denen sich herausstellen wird, ob das Parlament eine Mehrheit bilden kann, die hinter Hollande steht.
Was wir aber schon wissen: Hollande bekennt sich klar zur Einführung der Homo-Ehe. Die dafür zuständige Familienministerin Dominique Bertinotti gab den groben Fahrplan schonmal bekannt, der noch auszuarbeitende Gesetzesentwurf soll 2013 ab September diskutiert werden. Vorgesehen sind das Adoptionsrecht und die seit langem durch die Vorgängerregierung versprochene Stiefkindregelung.
Ministerin Dominique Bertinotti konnte bei den Lesben und Schwulen bereits viele Sympathiepunkte sammeln, da sie mehrfach wiederholt hat, sie sei Ministerin aller Familien.
Aktive Diskriminierungspolitik in NRW
Nachdem Angela Merkel ihren Kumpel Nicolas Sarkozy verloren hatte, musste sie dann eine Woche später zu den Wahlen in NRW jegliche Hoffnung auf eine ruhige Amtszeit bis zur nächsten Bundestagswahl 2013 begraben.
Warum sich die deutsche Familienministerin Kristina Schröder gemüssigt fühlte darauf hinzuweisen, dass es mit der CDU keine Homo-Ehe geben wird, ist mir schleierhaft. Klar ist aber, dass mit dem Wahlsieg der SPD und Grünen in NRW dort weiterhin eine positive und langfristig ausgelegte Lesben- und Schwulenpolitik betrieben werden kann…