kulturelle
Litt Leweir: Am Ende des Fegefeuers
Die Schatten der Vergangenheit
Manchmal kommt es im Leben knüppeldick! Wie für die 39jährige Berlinerin Lisa, denn die gerät in eine schwere Krise, als ihre Freundin Bettina sich von ihr trennt. Lisa kann das Ende dieser Beziehung einfach nicht verwinden und ist totunglücklich. Etwas Trost findet sie da nur bei ihrer Tante Monika, der einzigen Verbündeten in der Familie. Ein Anruf und das Wissen um eine Familientragödie, Adoption, Schweigen und Geheimnisse treffen Lisa nicht nur deshalb zum falschesten Zeitpunkt, weil sie nun auch noch eine schlimme Diagnose erhalten hat.
Was sie erfährt, stellt ihr ganzes Leben auf den Kopf, denn plötzlich gibt es da zwei ihr völlig unbekannte Brüder. Michael, der eine, glaubt, seine Kindheit lange hinter sich gelassen zu haben, und doch lebt auch er ein zwar einigermaßen zufriedenes, aber nicht eben glückliches Leben. Und dann ist da noch Matthias, der älteste Bruder, von dem niemand genau weiß, wo er ist und was mit ihm passiert ist. Über allem schwebt die Frage, was wirklich passiert ist, damals, vor fast vierzig Jahren.
Obwohl Michael ihr nicht gerade sympathisch ist, bleibt Lisa nichts anderes übrig, als sich mit ihrem Bruder zusammenzuraufen, um endlich Licht ins Dunkel der Vergangenheit bringen zu können. Dabei kommt sie nicht umhin, sich endlich auch dem Chaos ihres eigenen Lebens zu stellen.
Kein Thriller, aber eine einfühlsame Innensicht
Litt Leweirs zuweilen recht schwermütiger Roman erzählt seine Geschichte abwechselnd aus dem Blickwinkel jedes der drei Geschwister und schafft durch diese subjektive Sichtweise eine intensive und beklemmende Atmosphäre von Einsamkeit, Isolation und Gefangensein im eigenen Ich.
Das Thema Schuld in einem sehr katholischen Sinne zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und überfrachtet sie damit zuweilen. Lisas „echte“ Familie war geprägt von katholischer Frömmigkeit und deren Begriffe von Sünde, Fegefeuer und Hölle als wiederkehrende Metaphern sorgen für viel Düsternis im Roman, erzeugen jedoch keine Spannung. Insofern funktioniert „Am Ende des Fegefeuers“ auch nicht als Thriller, der die Leserin atemlos die Seiten umschlagen lässt. Doch Litt Leweir fasziniert mit ihrem genauen Blick in das Innenleben ihrer ProtagonistInnen, die erfahren müssen, wie sehr die Vergangenheit auch Jahrzehnte später noch ihr Leben beeinflusst. Die einfühlsame „Innenansicht“ der ganz unverstellten Gedanken und Gefühle der Figuren ist bewegend und fesselnd zugleich und macht diesen Roman so lesenswert.
Am Ende des Fegefeuers
Thriller von Litt Leweir
480 Seiten, Preis: Euro 12,90
Konkursbuchverlag 2012
ISBN 978-3-88769-771-6