kulturelle
Ellen Page im Interview zur Premiere von „Freeheld“
Nur wenige Wochen nach der Weltpremiere von „Freeheld“ beim äußerst wichtigen Toronto International Film Festival im September 2015 kam der Film in die US-Kinos und setzte seine internationale Festivaltour fort, während die deutschen Zuschauer_innen bis zum 07.04. warten müssen, um ihn zu sehen.
In dem romantischen Gerichtsdrama von Regisseur Peter Sollett („Nick und Norah – Soundtrack einer Nacht“) spielen Ellen Page und Julianne Moore ein lesbisches Liebespaar mit großem Altersunterschied. Man mag sich also vielleicht schon denken, dass eine der beiden die andere überlebt. Doch Vorwürfe, dass Hollywood nur tote Lesben inszeniert, sollten hier etwas zurückgehalten werden, denn der Film basiert auf der wahren Geschichte von Polizistin Laurel Hester. Die hatte nach einer Krebserkrankung dafür gekämpft, dass ihre Partnerin bei Pensionsansprüchen gleichbehandelt wird.
Dokumentarfilmerin Cynthia Wade drehte darüber einen 39-minütigen Film (ebenfalls mit dem Titel „Freeheld“), der 2008 einen Oscar gewann. Zeitgleich war Ellen Page ebenfalls für einen Oscar nominiert, nämlich für die Titelrolle in „Juno“, der aber nur einen Oscar fürs beste originelle Drehbuch erhielt. Kurz nach der Verleihung sagte Schauspielerin Ellen Page für die Rolle von Hesters Partnerin zu und wurde weitergehend in die Filmproduktion involviert.
Während „Freeheld“ in Entwicklung war, spielte die Kanadierin Page in verschiedenen Filmen wie „Inception“, „Roller Girl“ von Drew Barrymore und „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ mit, machte aber auch eine persönliche Entwicklung durch und outete sich am Valentinstag 2014 als lesbisch.
Weil sie als Hauptdarstellerin und Produzentin einer der besten Gesprächspartner_innen für „Freeheld“ ist, kam die jetzt 29-jährige Page im Januar nach Berlin, um mit der deutschen Presse zu sprechen. Für Journalisten_innen, die den Film bislang nicht gesehen hatten, wurde er am frühen Morgen in einer Pressevorstellung gezeigt, während bereits die ersten Interviews stattfanden. Auch wenn der Spielfilm stark im Schema der Gerichtsdramen verhaftet und eher solide denn raffiniert inszeniert ist, so rührte er mich doch. Und das Schauspiel von Page und insbesondere Moore ist sehr ergreifend.
Interview zum Film mit Ellen Page
Mir wurde statt einem der längeren Gruppeninterviews ein Einzeltermin zugeteilt; ein Auszug des Gesprächs ist auf dem homochrom YouTube-Kanal zu sehen oder komplett in Deutsch auf der Webseite zu lesen.
Sie haben sich vor zwei Jahren geoutet. Können Sie darüber reden?
Ich war ungefähr 21, als ich mich dem Filmprojekt anschloss und musste damals noch geheim halten, dass ich lesbisch bin. Viele in der Community kennen das: es ist ein schreckliches Gefühl, und ich wünschte mir, dass sich niemand mehr damit belasten müsste.
Nun hatte ich natürlich viele aufregende Projekte vor mir, aber das dominierende Projekt war die Reise in diese Geschichte – und von Menschen wie Laurel und Stacie inspiriert zu werden. Sie taten etwas so Außergewöhnliches in Zeiten unvorstellbarer Schwierigkeiten. Es sind Leute wie sie, die einen dazu inspirieren, nicht nur das Richtige für die Community zu tun, sondern auch für sich selbst.
Wenn Sie keine Schauspielerin wären und nicht im Rampenlicht stünden, würden Sie sich eher bedeckt halten oder wären Sie eine Aktivistin und kämpften um Ihre Rechte als Lesbe? Oder würden Sie sogar eine grundlegende Revolution wie Stonewall starten oder dabei sein wollen? (beide lachen) Haben Sie je über etwas davon nachgedacht?
Natürlich, klar. Ich habe mit VICE eine Sendung gemacht, für die ich um die Welt gereist bin und viele unglaublich mutige Aktivist_innen getroffen habe, die ihr Leben für die Sache riskieren. Viele von uns wären auch gerne so mutig. Ich würde gerne hier sitzen und sagen: „Ja, ich würde einen Stein schmeißen.“ Oder zumindest mehr zivile Umgehorsamkeit leisten.
Aber natürlich habe ich das Gefühl, dass genau dieser Aktivismus ein Teil von mir ist. Es fühlt sich organisch und natürlich an, nicht nur generell für Menschenrechte zu kämpfen. Aber… (schmunzelt): Ich war nicht bei Stonewall, da habe ich noch nicht gelebt. Ich kann das nicht allzu genau beantworten.
Stacie sagt im Film, dass sie einen kleinen Traum hat: ein Haus, eine Beziehung, ein Hund. Können Sie das nachfühlen oder haben Sie größere Träume?
Nein, ich stimme dem vollkommen zu. Ich finde, das ist ein großartiger Traum. Die wahre Zielsetzung liegt in einer erfolgreichen, liebevollen, wachsenden, sich entwickelnden Beziehung. Die größte Erfüllung finde ich in der Liebe. Und ich bin definitiv romantisch. Für mich ist Liebe wertvoller, als in einem Film zu spielen.
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