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Eine Milliarde für Süderlenau – Review

Ein Roman über Grundeinkommen und die Liebe

Süderlenau ist eine Kleinstadt, die vor allem durch Novacrem, eine Firma die allerlei kosmetische Produkte produziert, bekannt ist. Ein kleines Städtchen mit einem Bahnhof, der es den Einwohnern ermöglich, in die Bundeshauptstadt zu fahren und von dort aus in die ganze Welt. Aber Süderlenau ist auch die Heimat der inzwischen steinreichen und in die Jahre gekommenen Margot Krause. Sie hat ein Vermögen mit ihrem Sex-Imperium gemacht und möchte nun etwas zurück geben an die Stadt, aus der sie kommt: 1 Milliarde um genau zu sein.

Die Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, Vorschläge für ihre Projekte einzureichen um am Ende abstimmen zu können, wofür die 1 Milliarde sinnvoll genutzt werden kann. Schlussendlich macht die alte Dame einen eigenen Vorschlag und bietet der Stadt monatlich 1000 € Grundeinkommen für fünf Jahre an. So argwöhnisch Margot Krause stets beobachtet wurde, so heiß wird jetzt ihr großzügiges Angebot diskutiert. Aber ist es das wirklich? Großzügig? Genau darüber bricht in dem kleinen Städtchen eine brennende Diskussion aus und selbst Katharina, die sich nichts sehnlicher wünscht, als an ihrem Klavier zu sitzen und zu komponieren, kann sich dem Sog des Themas nicht entziehen. Wäre dieses Grundeinkommen nicht genau das, was sie bräuchte, um ihren Traum zu leben? Würden diese 1000 € nicht dafür sorgen, dass sie nicht mehr jeden Tag in die Schule gehen müsste, um dort aufsässigen Kindern die Liebe zur Musik nahe zu bringen?

Aber für Katharina geht es um mehr. Welche Rolle spielt Margot Krause in ihrem Leben? Was ist das Geheimnis ihres Lebens, das sie schon immer erahnt hat, aber nie fassen konnte und warum ist es Katharina schier unmöglich, sich emotional so weit zu öffnen, dass eine Frau es vermag, ihr wirklich nahe zu kommen? Schafft es die kluge Amalia aus der großen Stadt, die vermeintlich harte Schale zu durchbrechen und den sensiblen Kern Katharinas zu berühren? Wie wird die Stadt sich entscheiden und was passiert mit den Menschen, wenn sie für 1000 € nicht einmal mehr arbeiten müssen?

Schritt für Schritt die Personen kennen lernen

Ich gebe zu – ich habe den Klappentext nicht gelesen als ich anfing, mir Eine Milliarde für Süderlenau zu Gemüte zu führen und so dauerte es auch sehr lange bis ich begriff, worauf sich der Titel bezog. Aber das hatte auch sein Gutes. So hatte ich die Möglichkeit, Schritt für Schritt die Personen kennen zu lernen, die diese Geschichte ausmachen. Allen voran Katharina und ihre beste Freundin Silvia. Zudem die Konzernchefin Britta samt Ehemann Wolfgang und einige Mitglieder des Chores. Erst später stößt wirklich Margot Krause dazu und so lädt der Roman dazu ein, sich ein eigenes Bild zu machen.

Es geht, wieder einmal, nicht nur um die „bloße“ Liebe zwischen zwei Frauen. Das Lesbischsein an sich ist nicht das zentrale Thema und auch wenn ich bevorzugt lesbische Literatur rezensiere, finde ich genau das an dem Roman so gut. Es geht um mehr als nur um Liebe und die damit verbundenen Irrungen und Wirrungen. Es geht um Menschen. Ihr Innenleben, ihre Emotionalität und die (Un)Fähigkeit diese zu leben.

Eine Milliarde für Süderlenau wirft die Frage auf, was passiert mit den Menschen und der Gesellschaft, wenn sie für fünf Jahre ein Grundeinkommen erhalten? Wer geht dann noch arbeiten und was geschieht mit den ansässigen Firmen? Wird wirklich mehr Kaufkraft entwickelt und noch mehr konsumiert und wenn ja, ist das erstrebenswert? Leben wir unsere wirklichen Träume, wenn wir nicht mehr arbeiten müssen oder dümpeln wir nur vor uns hin? Was macht dieses Geld für‘s Nichtstun mit uns? Männer fragen sich plötzlich, was ihre Frauen denn bei ihnen halten soll, wenn diese nicht mehr finanziell von ihnen abhängig sind und Frauen hinterfragen ihre wahren Beweggründe für ihre Partnerschaften.

Klug, raffiniert und vielschichtig

Astrid Wenke ist ein sehr kluges, raffiniertes und dabei sehr vielschichtiges Buch gelungen. Es geht um die Klärung einer Frage, die wir auf Anhieb beantworten zu können glauben. Letztlich braucht es aber viel mehr, um sich der Tragweite einer Entscheidung in diesem Fall bewusst zu werden.

Darüber hinaus hat die Autorin echte Menschen geschaffen. Menschen, die sich voneinander abhängig gemacht haben – ob nun finanziell oder emotional. Menschen, die sich ihrem Schicksal scheinbar wehrlos ergeben haben und die sich nicht einmal mehr vorstellen können, dass ihr Leben ihnen noch etwas zu bieten hat. Menschen, die aus dem puren Gefühl der Verpflichtung in einer Ehe bleiben, ohne dabei glücklich zu sein. In Eine Milliarde für Süderlenau suchen die Einwohner nach einer Antwort auf die Frage nach dem Grundgehalt und finden sich am Ende zum Teil selbst.

Die Liebe kommt nicht zu kurz

Die lesbische Liebe hat in diesem wunderbaren Roman natürlich auch ihren Platz und zwar in Form von Katharina und Amalia. Katharina wirkt etwas eigen und vielleicht auch spröde. So, als würde sie die Nähe zu einer Frau eher konsumieren als wirklich brauchen und genießen. Nur sehr schwer gewährt sie Amalia Einlass in ihre Gedanken, ihr Leben und ihr Herz. Irgendetwas arbeitet in Katharina und das seit Jahren. Schlussendlich wird sie Antworten auf Fragen finden, die sie sich bisher nicht gestellt hat.

Eine Milliarde für Süderlenau ist also durch und durch empfehlenswert. Für alle, die gern gute Bücher lesen. Die sich auch einmal tiefergehende Gedanken machen. Die politisch interessiert sind und den Kapitalismus auch mal hinterfragen. Es ist ein Roman für Menschen, die gute Geschichten und ausgereifte Figuren schätzen und für Frauen, die Frauen lieben. Also, ein Buch für alle und das ist großartig!

Verlosungsaktion für unsere Leserinnen

Wir verlosen unter den Phenomenelle-Leserinnen ein Exemplar dieses Buches. Bitte einfach eine mail schreiben an Verlosung@phenomenelle.de mit Stichwort “Milliarde” und Daumen drücken. Einsendeschluss ist der 26.Juni 2013, teilnahmeberechtigt sind nur Personen über 16 Jahre. Der Preis wird nicht in bar ausgezahlt. Die Gewinner_in wird schriftlich per Mail benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Astrid Wenke: Eine Milliarde für Süderlenau | Bestell-Link bei Krug & Schadenberg
Roman | 208 Seiten | Klappenbroschur | ISBN 978-3-930041-89-3 | 16.90 €

Zur Autorin Astrid Wenke
Astrid Wenke, geboren 1961, ist mit Wind, Regen und dem weiten Blick über die Endmoränenlandschaft Schleswig-Holsteins aufgewachsen. Seit sie eingesehen hat, dass ein Großteil ihres Lebens der Existenzsicherung geweiht ist, experimentiert sie mit Erwerbstätig­keiten, die mit ihrem Freiheitsdrang und dem Wunsch, sinnstiftend tätig zu sein, vereinbar sind – Schreiben zum Beispiel oder Taxifahren. Seit zehn Jahren ver­dient sie den Großteil ihres Unterhalts als Lebenskundelehrerin und vermittelt Grundschulkindern die humanistische Weltanschauung. Astrid Wenke lebt im Berliner Wedding. Eine Milliarde für Süderlenau ist ihr erster Roman.

(Quelle: Verlagsinformation)

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