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Event-Rückblick auf die female:pressure Konferenz 2015

Perspektiven: Möglichkeiten und Grenzen subkultureller Diversität

Plakat female:pressure 2015Am 25. September lud female:pressure zur 2. Konferenz und Veranstaltung ein, diesmal unter dem Thema „Möglichkeiten und Grenzen subkultureller Diversität“. Im Zentrum stand dabei vor allem die Sichtbarkeit von Künstlerinnen und weiblichen Kulturschaffenden im Musikbusiness, den Medien und der öffentlichen Wahrnehmung allgemein.

Zwei Panels zu Netzwerken und Sichtbarkeit

Im Berliner about:blank startete es mit einer vielseitigen Runde. Im ersten, deutschsprachigen Teil diskutierten Anna Groß von SpringStoff, Musikerin und Gründerin der „New York Theremin Society“ Dorit Chrysler, Ena Lind von Mint, der Berliner Partyreihe und Netzwerkaktivitäten, sowie die Bookerin und queer-feministisch engagierte Janine Fubel, Stefanie Alisch, die zum Forschungsteam der Universität Oldenburg im Bereich Musik und Medien gehört, moderierte.

Nach einer längeren Vorstellungsrunde und dem interessanten Tätigkeitsspektrum aller Rednerinnen war die Frage nach Netzwerken und was sie im Einzelnen wirklich bedeuten zentral. Es geht neben dem Wissenstransfer, Entwicklung und Inspiration untereinander auch darum, sich gegenseitig zu unterstützen, zu fördern und die bestehende Grenze auf Grund von sexueller Identität zu umgehen – da waren sich alle einig. Die meisten kennen das „Kumpelnetzwerk“ und die Frauen berichteten vom schwierigen Anfang in einer weißen, männerdominierten Industrie und wie sie es dennoch geschafft haben, sich durchzusetzen – oder wie Im Fall von Mint und SpringStoff, gerade dabei sind.

Der Spagat zwischen Kommerz und Idealismus sei dabei nicht ganz unwesentlich und die Schwierigkeit desselbigen wurde betont. Ein rein weibliches oder queeres LineUp stößt nach wie vor häufig auf Skepsis bei den meist männlichen Veranstaltern. Erst wenn ein Konzept funktioniert und sich als erfolgreich bewiesen hat, öffnen sich größere Tore. Bei rein weiblichen LineUps öffnet sich immer noch öfter die Schublade „lesbisches Events“ – ob es sich bei so vielen männlichen Acts dann im Umkehrschluss um „schwule Events“ handelt?

Schockierende Zahlen: weibliche Künstlerinnen 2015 massiv unterrepräsentiert

female:pressure Grafik FestivalsDass diese Erkenntnis mehr als eine Annahme ist, belegt die Recherche von female:pressure aus dem März 2015: Von den weltweit gezählten 44 Festivals (mit Fokus elektronischer Musik) stehen den 1.726 männlichen ganze 226 weibliche Künstler_innen gegenüber, also ein Verhältnis von rund 80 zu 10%! Auch bei Labels und Clubs gibt es ähnlich gravierende Ungleichgewichte: Auf 531 Auftritte männlicher Künstler kommen lediglich 56 weibliche Künstlerinnen, bei den befragten Labels steht es 41:11. Noch erschreckender ist die Tatsache, dass sich im Vergleich zu 2013 das Geschlechterverhältnis keinesfalls verbessert hat.

Auf Nachfrage nennen Verantwortliche meist „nicht genügend weibliche Acts“ als Begründung – was in der Realität schnell gegenüber den Medien widerlegt werden kann. Die Sichtbarkeit der queeren Community in diesen Bereichen ist verschwindend gering. Oder wer kann ad hoc mehr Künstler*innen als Conchita Wurst oder Tegan & Sara nennen? Presse und Fördermittel werden als wichtiger Faktor für verbesserte Chancen genannt, doch gibt es hier häufig ebenfalls strukturelle Barrieren, was im zweiten Panel deutlich wurde.

Was tun? Quoten und selbst aktiv werden als Lösungsansätze

Das zweite, englischsprachige, Panel des Abends beschäftigte sich mit den Möglichkeiten und aktuellen Initiativen im Bereich der subkulturellen Diversität. Rednerinnen waren dabei Eva Kietzmann von Bildwechsel Berlin, Maria Mohr Regisseurin und Mitgründerin von Pro Quote Regie, 
Chris Köver vom Missy Magazine und Viola Thiele des Kunst-/ Musikprojekts „Mosh Mosh“, moderiert von Tamara Atanasoska, unter anderem aktiv bei den Geekettes.

Alle Panelteilnehmerinnen waren sich einig, dass Kunst und Kultur die gesellschaftlichen Probleme widerspiegeln. Selbst Handeln sei wichtig und notwendig. Maria Mohr wies auf strukturelle Barrieren in der Filmförderung hin auch hier mit gravierenden Zahlen: 2012 wurde beispielsweise kein einziges (!) Projekt einer Frau durch die ffa Filmförderung unterstützt. Bei Fernsehproduktionen zeigten sich ähnlich erschreckende Erkenntnisse, keine oder wenig Frauen – und queere praktisch gar nicht. Mohr gründete daraufhin die Initiative „Pro Quote Regie“ – denn fehlende Förderung verwehrt vielen Frauen den Sprung auf die nächste Ebene. Die Forderung nach einer 20% Frauenquote ist ein erster Schritt dazu. Missy Magazines Chris Köver bestätigte Ähnliches für den journalistischen Bereich.

Gesetze und Quoten sind ein Anfang. Selbst aktiv werden ist ein weiterer wichtiger Teil von Veränderung. Der Ruf nach Verbindung und Unterstützung untereinander war jedoch nicht der einzige. Die Idee eines „Wikipedia Hackathons“ (gemeinsam Wikipedia-Seiten bewusst über Frauen und LGBTI-Personen erstellen), künstlerisches Material an Bildwechsel zum Archivieren und Sammeln zu schicken fanden Anklang.

Feiern bis zum Morgengrauen mit female:pressure

female:pressure LineUp

Fotocredit: © female:pressure PERSPECTIVES by Akkamiau

Im Anschluss an die Panels startete direkt Donna Maya mit ihrer DJ und Theremin Performance. Dorit Chrysler folgte, ebenfalls mit Theremin gemischt mit elektronischer Musik. Das LineUp zog sich im Anschluss bunt durch die elektronische Weltgeschichte weiter mit Aschka, Clara Moto, Borusiade, hiT͟Hərˈto͞o, Perera Elsewhere, Monya, female:pressure Vorstandsmitglied Kaltès, Kate Miller, REKA und zum Abschluss Madga El Bayoumi auf dem Main Floor. Nebenan gaben sich Rainbowwarrior, A-li-ce, Kalma und NaniGut die Ehre.

#femalepressure

Zu female:pressure gehören heute weltweit mehr als 1.500 Künstlerinnen, vornehmlich aus den Bereichen der elektronischen Musik und digitaler Kunst. Mit regelmäßigen Radioshows und Veranstaltungen will das Netzwerk Frauen unterstützen und den Austausch untereinander fördern.

Weitere Informationen unter femalepressure.net und Aktuelles auf der Facebook-Seite
Ansicht der kompletten Untersuchung als pdf.

 

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