kulturelle
Filmreview: Who’s afraid of Vagina Wolf
Annas (Anna Margarita Albelo) Leben liegt in Trümmern. Gerade ihren 40sten Geburtstag in einem überlebensgroßen Vagina-Kostüm hinter sich gebracht, steht die ehemals hoffnungsvolle Filmemacherin vor dem Nichts. Seit Jahren ohne Freundin, ohne tragbare finanzielle Grundlage und als Dauergast in einer fremden Garage lebend, bleiben Anna nur noch die Erinnerungen an ihre vielversprechenden aber lang vergangenen ersten Schritte als aufstrebendes Talent der internationalen Filmkunstszene. Trotz aller Bemühungen und Entsagungen laufen ihre wenigen Kurzfilme nur gelegentlich auf lokalen Kurzveranstaltungen statt in den großen Kinosälen auf der ganzen Welt.
Doch Annas Leben ändert sich schlagartig, als sie auf die junge, kunstbegeisterte Katia (Janina Gavankar – auch bekannt als ‚Papi‘ aus L-Word) trifft und sich Hals über Kopf in die dunkle Schönheit mit dem exotischen Akzent verliebt. Fest entschlossen, ihr Herz zu erobern aber zu feige, Katia um ein Date zu bitten, bietet Anna ihr kurzer Hand eine Rolle in ihrem neuen, bisher noch nicht existierenden Film Who’s afraid of Vagina Wolf – einer post-feministischen, parodistischen Hommage an ihren Lieblingsfilm – an. In einem hormonellen Höhenflug gelingt es Anna tatsächlich innerhalb kürzester Zeit ein Drehbuch fertig und eine kostengünstige Crew auf die Beine zu stellen. Darunter Annas beste Freundin Penelope (Guinevere Turner) – attraktiv, talentiert, bissig – sowie die schöne und begabte Kamerafrau Julia, die von Anfang an keinen Hehl aus ihrer Zuneigung gegenüber Anna macht. Als die Dreharbeiten beginnen, scheint die Regisseurin ihrem Ziel und Katias Aufmerksamkeit ein ganzes Stück näher zu kommen.
Doch der emotionsgeladene Stoff überträgt sich bald auf die gesamte Filmcrew und bringt tief sitzende Gefühle, Ängste und Enttäuschungen zum Vorschein, die nicht nur Annas Plan durchkreuzen sondern Who’s afraid of Vagina Wolf zugleich in Annas ganz persönliche und äußerst schmerzhafte Katharsis verwandeln.
Who’s afraid of Vagina Wolf ist ein gelungener kleiner Film über Träume und Erwartungen, über die panische Angst vor Niederlagen, über die zahlreichen kleinen Tricks, die man anwendet, um sich eben genau diese nicht einzugestehen und schließlich über den schmerzhaften Prozess der Selbsterkenntnis. Die autobiographische Prägung des Films ist hierbei unverkennbar.
Regisseurin Anna Margarita Albelo stammt nicht nur wie ihre Hauptfigur „Anna“ ebenfalls aus Kuba und ist eine auf internationalen Filmfestivals gefeierte Dokumentar- und Kurzfilm-Regisseurin, sondern spielt sich in ihrem Spielfilmdebüt sogar selbst. Die Grundmotivik des Films findet ihren Niederschlag somit nicht nur in der Figur der „Anna“ und dem von ihr gespielten George, sondern zieht ihre Spuren auch zu einer real existierenden Person.
Who’s afraid of Vagina Wolf wird damit zu einem sehr persönlichen und vielleicht genau deshalb zu einem sehr authentischen Portrait über die Gefühlswelt einer Anfang Vierzigjährigen, die sich an den Vorstellungen und Ideen ihrer Jugendzeit festklammert und deshalb sowohl emotional als auch beruflich in eine Sackgasse gerät. Anna Alberlo interpretiert ihrer Namensvetterin dabei mit so viel Witz und Charme, dass deren Handlungsweisen trotz aller offensichtlichen Fehltritte und Schwächen stets nachvollziehbar bleiben und „Anna“ zu einer sympathischen Identifikationsfigur wird, der man gerne auf ihrem steinigen Weg zur Selbsterleuchtung folgt.
Doch trotz der glaubwürdigen Darstellerleistung und einer Vervielfachung der Motivik auf drei Ebenen schafft es der Film nicht, die Gefühlswelt seiner Protagonisten so sehr zu verdichten, dass er die Zuschauerin in seinen Bann zieht und nicht mehr los lässt.
Vermutlich kommen auch hier Anna Albelos dokumentarische Wurzeln zum Tragen. Who’s afraid of Vagina Wolf setzt auf eine permanente Erzählstimme aus dem Off, um die emotionale Welt Annas zu erläutern, statt diese mit visuellen Mitteln für den Zuschauer greifbar zu machen. Hinzu kommt eine starke Fokussierung auf die handlungstragende Hauptfigur, sodass beinahe alle anderen Protagonisten emotionale Leerstellen bleiben. Der Funke zwischen den Figuren springt somit niemals richtig über und die beschriebenen Gefühle bleiben eine erzählte, aber niemals eine (mit-)erlebte Erfahrung für die Zuschauer_innen.
Insgesamt ist der gesamte Film konstant linear erzählt, sehr dialoggetrieben und schöpft seine visuellen und narrativen Möglichkeiten kaum aus. Das schränkt die Wirkung des Films und sein emotionales Potential, ein mitreißendes Portrait einer lesbischen Midlife-Crisis zu zeichnen, deutlich ein. Dennoch bleibt Who’s afraid of Vagina Wolf ein unterhaltsamer Film, in dem sich sicherlich die ein oder andere widerfinden wird und der sich schon allein deswegen zu schauen lohnt, um sich danach zu fragen, ob Anna Alberlo wohl wirklich jemals als lebensgroße Vagina Werbung für Nassrasur gemacht hat.
Den Film könnt ihr 2013 u.a.beim Filmfest homochrom in Köln und Dortmund sehen.
Who’s afraid of Vagina Wolf
USA 2013
R: Anna Margarita Albelo
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