kulturelle
Trans*Webserie: Her Story – Interview mit Laura Zak
Fotokredit: Her Story co-writer/actor Laura Zak on set / © Tamea A. photobytamea.com
Bahnbrechende LGBTI* Serie Emmy nominiert
Her Story ist eine US-amerikanische Webserie, in deren Zentrum Barfrau Violet und Journalistin Allie stehen. Beide Frauen haben den Glauben an die Liebe verloren – dann lernen sie sich kennen. Was wie eine kitschige Romanze klingt, hat es in sich: Bis in die Nebenrollen hinein ist die Serie außerordentlich gut geschrieben und mit überzeugenden Schauspieler*Innen besetzt. Fast alle Darsteller*innen wurden mit Transfrauen und –männern besetzt. Diesen diversen Cast reflektiert auch die Geschichte von Her Story – eine Geschichte darüber, ob Schubladen und eigene Begrenzungen die Liebe aufhalten können. 2015 ging diese bahnbrechende Serie an den Start und eroberte die Web-Welt im Sturm. Am 18. September 2016 könnte Her Story einmal mehr Geschichte schreiben. Zum ersten Mal wird ein Emmy für ein herausragendes Kurzformat Comedy oder Drama verliehen. Die Trans-Queer-Feministische Serie gehört zu den Nominierten.
phenomenelle Autorin Larissa hatte die Gelegenheit mit Laura Zak, Co-Autorin und Schauspielerin („Allie“), ein Interview zur Serie zu führen.
Von überwältigender Resonanz und der Zukunft im TV
Wie ist die Resonanz zu Her Story bis jetzt?
Laura: Bis jetzt war es überwältigend positiv. Wir schätzen uns sehr glücklich und sind auch überwältigt von den Rückmeldungen. Irgendwie wussten wir, dass es einen Bedarf dafür gibt und es eine starke Reaktion geben würde. Aber wir waren nicht darauf vorbereitet, wie viel Resonanz es online und in der Presse tatsächclih gegeben hat!
Die Kommentare und Emails… viele die uns sagen, wie dankbar sie sind, sich endlich in einem schönen Rahmen hochwertig und unvoreingenommen repräsentiert zu sehen. Die Dimension wie notwendig das ist, war uns vorher nicht klar. Es ist wunderbar, nicht nur aus der LGBTI* Community so positives Feedback zu bekommen, auch unabhängig vom Thema trans*. Also nicht als Fetisch oder weil sie anders sind, sondern aus Interesse an den Charakteren und ihren Geschichten. Und für manche ist es ein ganz neues Thema, das sie interessant finden.
Gibt es etwas, das du rückblickend ändern würdest?
Laura: Wir sind sehr glücklich mit dem Ergebnis. Als wir die Serie ursprünglich geschrieben haben, hatten wir ein viel kleineres Budget im Sinn und wollten in Chicago drehen mit Freunden und Bekannten. Daher haben wir sehr viel reingepackt und ein paar Dialoge und Szenen raus gelassen, um wirklich die Geschichten hervorzuheben. Sonst hätten wir uns wahrscheinlich mehr Raum genommen. Jen und ich haben allerdings vor kurzem ein Drehbuch fertig geschrieben für eine komplette erste Staffel einer Serie mit 10 Episoden à 45 Minuten. Das gibt uns mehr Raum.
Wisst ihr schon, ob es eine Produktion dieser 1. Staffel geben wird?
Laura: Wir hoffen darauf! Es gab schon Anfragen von Sendern. Noch stehen wir aber ganz am Anfang. Daher freuen wir uns sehr über die große Nachfrage und positive Resonanz, das hilft natürlich sehr!
Her Story startet nach der Transition und spiegelt die Realität
Was haltet ihr von Serien wie Sense8 oder Orange is the New Black auch im Vergleich zu Her Story?
Laura: Ich liebe beide Serien. Her Story hatten wir geschrieben bevor die erste Staffel von Transparent im Fernsehen lief. In einer Zeit also, in der trans Charaktere in größerem Rahmen grundsätzlich fehlten. Mit Sense8 und OITNB rückten sie viel stärker in den Fokus. Und in Sense8 gibt es, soweit ich weiß, das allererste mal ein lesbisches Paar, in dem eine der beiden eine Transfrau ist.
Her Story startet an einem anderen Punkt als die meisten anderen Shows, nämlich viel später nach einer Transition. Es ist also keine Coming-out- oder Transition-Geschichte, was wichtig ist. Her Story spielt im Alltag der Menschen. Es ist nicht direkt erkennbar, dass sie trans sind. Diese Perspektive gab es noch nicht so oft. Und eine nicht-weiße Trans-Frau als Hauptcharakter gab es bis dato noch gar nicht. Wichtig waren uns die Interaktionen innerhalb der LGBTI* Community, welche Reibungen es da geben kann oder auch nicht. Auch in der Community sind nicht alle gleich. Diese Diversität wollten wir darstellen.
Wie wichtig ist es deiner Ansicht nach, einen trans* Charakter als solchen darzustellen oder die Rolle rein als Frau oder Mann zu sehen, quasi ohne die körperliche Vergangenheit?
Laura: Ich denke es kommt immer auf den oder die Einzelne_n an. Im Sinne der Geschichten von Her Story war es zum Beispiel bei Angelica Ross wichtig zu zeigen, wie sie durchs Leben geht, ohne dass sie als trans direkt erkennbar ist. Was passiert etwa, wenn ein Trans*Mensch potenzielle Partner*innen kennenlernt und etwas über die Vergangenheit mitteilen möchte. „Paige“ ist eine Frau, doch die Transitentität macht es ihr oft nicht ganz so einfach. Ein Date kann da schwerer wiegen als es einem lieb ist. Wir wollten die Trans*Identität nur so weit in den Fokus stellen, wie sie Beziehungen und Erfahrungen beeinflusst.
Fotokredit: Angelica Ross (Paige) mit Christian Ochoa / © Tamea A. photobytamea.com
Wie nah an der Realität und euren Erfahrungen ist Her Story?
Laura: Die Serie ist auf jeden Fall inspiriert durch das Leben und echte Vorkommnisse, aber nicht autobiographisch. Wir beziehen uns auf Erfahrungen, die ich, Jen oder Freunde gemacht haben. Alles was in der Show passiert ist entweder so passiert oder hätte sehr leicht uns oder jemanden den wir kennen passieren können.
Grenzen überwinden und mehr positive Sichtbarkeit
Was möchtet ihr mit Her Story erreichen? Können oder sollen die Menschen etwas tun?
Laura: Wichtig war uns, dass bei der Geschichte von Violet und Allie die Zuschauer mit den beiden mitfiebern und dass sie zusammenkommen. Wir wollten, dass sie die Hürden überwinden, vor allem ihre eigenen, inneren. So sorgt sich Violet, dass die Beziehung zu einer anderen Frau sie selbst weniger zu einer Frau machen könnte. Und Allie sorgt sich, die Beziehung zu einer Trans-Frau könnte sie weniger zur Lesbe machen. Es geht viel um die Definition der eigenen Identität und wie diese Labels aussehen sollten. Ultimativ geht es darum, dass es egal ist, wen du liebst oder wen du attraktiv findest. Es ist ok wie es ist. Das Wichtigste ist, eine gesunde, positive Beziehung zu führen. Die Gedanken, um die wir uns selbst drehen, sind die, die uns am meisten begrenzen.
Es wäre toll, wenn wir die Möglichkeit bekommen, die Serie auszubauen, noch mehr Identitäten und Vielfalt zu zeigen. Die Geschichte birgt noch so viel Raum für Charaktere und deren eigene Wahrheiten!
Was würde euch aktuell am meisten helfen?
Laura: Wir können jede Unterstützung brauchen! Ganz konkret: den YouTube Kanal abonnieren, auf Facebook liken, teilen, tweeten, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Das steigert auch unsere Chancen weiterzumachen. Das zeigt, es ist Interesse da. In den USA wird es auch eine College Screening Tour geben. Wenn darüber hinaus bei Festivals oder Events Interesse an Screenings besteht, sind wir dafür offen. Schreibt eine Mail an herstoryshow@gmail.com für weitere Informationen. Auf YouTube kann jede*r bei den Untertiteln Übersetzungen hinzufügen, Deutsch fehlt noch!
Vielen Dank für das interessante Interview und weiterhin alles Gute!
phenomenelle Autorin Larissa konnte noch ein zweites Interview mit HerStory-Macherin führen. Freut euch in der kommenden Woche auf Teil 2.
Der Link zur Serie und zu allen Episoden:
[youtube]https://youtu.be/iB9MQ7irjqw[/youtube]