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Interviewserie „Frauen an den Turntables“: Franca
Eine Frau als DJ – das ist so ähnlich wie eine Frau in der Chefetage eines Großkonzerns. Es gibt sicherlich etliche weibliche DJs, aber die wenigsten schaffen es ganz nach oben.
Der Weg dorthin ist gepflastert mit Vorurteilen und dummen Sprüchen wie “ „Hast du den Track von deinem Freund?“.
Wir wollen bekannten und weniger bekannten weiblichen DJs/DJanes mit unserer Interviewreihe „Frauen an den Turntables“ Gelegenheit geben sich zu äußern und weitere Sichtbarkeit zu bekommen.
Kennst du auch eine weibliche DJ, die wir interviewen sollten? Dann schicke uns bitte eine Info an: redaktionelle@phenomenelle.de
Franca
Unter welchem Namen trittst du auf?
Franca – das ist mein echter Name. Ich hatte bis jetzt nie das Bedürfnis, mir ein Synonym zuzulegen. Hätten meine Eltern mich doch Henriette genannt, wie es wohl mal im Raum stand, wäre das vielleicht anders gelaufen…
Seit wann machst du Musik und wie kamst du dazu?
Musik habe ich immer schon geliebt und in irgendeiner Form gemacht. Wir hatten ein Flügel bei uns im Wohnzimmer stehen und daher fing ich früh mit dem Unterricht an. Die schwarz-weißen Tasten habe ich dann mit 12 Jahren gegen die E-Gitarre eingetauscht. Als ich mein erstes Doppel-Tapedeck hatte, habe ich angefangen, Mixtapes für Freunde und Familie zusammenzustellen. Das gleiche Spiel dann mit CDs, Mini-Discs und irgendwann 2004 hat mir ein Kumpel für meinen uralten Walkman einen Plattenspieler gegeben. Mit meinem Umzug 2005 von München nach Köln kam dann bald der zweite dazu und 2008 stand ich bei WIR Schwestern das erste mal auf der Bühne. Wirklich DJ werden wollte ich ja Anfangs nicht, das kam einfach aus Liebe zur Sache und war eher als Wohnzimmerprojekt gedacht. Die Entwicklung lief ungeplant und dafür umso schöner! Selber elektronisch produziere ich seit knapp einem Jahr. Der erste Release was dieses Jahr im August auf dem Get Physical Music Label. Der zweite Release erscheint jetzt im Oktober auf dem Berliner Label With Compliments.
Welche Musikrichtung bevorzugst du als DJ/Djane?
Aha, die Lieblingsfrage. Weiß heutzutage denn irgendwer noch, wo genau die Unterschiede liegen? Ich sage mal Techno, Deep House und alles was schön nach vorne rollt und tiefe Bässe pflegt.
Wo legst du überall auf ?
Überall, wo gute Clubkultur gepflegt wird. In Köln – bei den üblichen Verdächtigen wie im Odonien, Heinz Gaul, Gewölbe, Nachtigall und bald auch in dem neuen Club Jack Who. Ich bin in Köln Resident bei der Veranstaltungsreihe Feines Tier und, WIR Schwestern. Ansonsten ziemlich quer durch die Republik und davon natürlich auch viel in Berlin (Kater Blau, Sysiphos, Weekend Ipse, etc). Aber auch die Rudeltreffen in Hamburg, Münster, Rostock möchte ich erwähnen. International war ich u.a. schon mehrfach in Amsterdam, Zagreb, Belgrad, Wien, Zürich, auf Hvar und dem Garbicz Festival in Polen. Für nächstes Jahr stehen dann Mexico und noch ein paar andere Goodies auf dem Programm.
Was war dein größter Erfolg?
Highlight war auf jeden Fall mein Set im sogenannten Kanton, dem Schweizer Floor auf dem Garbicz Festival dieses Jahr in Polen, sowie die Gelegenheit, nach Sven Väth, den Club Frieda’s Büxe in Zürich abzureissen. Beide Events dank der sympathischen Crew aus Zürich – beste Grüße an dieser Stelle! Ausserdem besonders bedeutsam war natürlich der Release mit meinem Kollegen Stomax auf Get Physical.
Gibt es einen Unterschied zwischen einem lesbischen und einem nicht-lesbischen Publikum?
Was ist damit gemeint? Ob lesbische Frauen andere Musik hören? Oder sich anders verhalten? Für mich stellen sich diese Fragen nicht. Ich habe bisher auch noch auf keiner „rein lesbischen“ Party aufgelegt, um Erfahrungen in Hinblick auf diese Ausgangslage evaluieren zu können. Für mich als DJ geht es um die Musik – da gibt es ja schon genügend Geschmäcker zu bedienen! Die sexuellen Neigungen sind irrelevant. Natürlich sind Parties, die gezielt Raum für ein LGBTIAQ Publikum bieten, sehr wichtig, aber das ist ja Aufgabe der Veranstalter und nicht mein Thema. Ich wünsche mir von meinem Publikum ein offenes Ohr, einen freundlichen Umgang und lockeren Hüftschwung – ganz egal, wie sich wer und durch was identifiziert.
Was liegt dir auf dem Herzen in Bezug auf Locations und/oder Veranstalter?
Zunächst – ich bin immer wieder begeistert, wie viel Liebe, Zeit und Gedanken teilweise in Veranstaltungen und die Gestaltung der Locations fließt – nicht immer, aber oft. Allerdings gibt es ein paar Punkte, die leider regelmäßig negativ auffallen. Erstens, lieber Veranstalter und Clubbetreiber, sorgt dafür, dass der DJ immer (!) gutes Monitoring hat (das sind die Boxen, die mir zum Hören zur Verfügung stehen) – das garantiert beste Performance-Qualität und schont unsere Ohren. Zweitens: Eine gute Türpolitik mit Verstand, Toleranz und Konzept zahlt sich aus – heißt: Qualität vor Quantität! Das spricht sich rum und bringt dann in Foige auch die gewünschte Quantität. Last but not least: Ein guter Whiskey gehört in das Sortiment eines jeden Clubs.
Hast du Vorbilder und wenn ja wen?
Wenn es um Musik geht, sag ich hier immer NEIN. Natürlich gibt es KünstlerInnen, Acts, die mich schon lange begeistern und begleiten. Aber es kommen regelmäßig neue hinzu. Das gehört ja zu einer dynamischen Entwicklung. Wenn mich Musik inspiriert, berührt, abholt, dann geht es doch zunächst um die Musik. Zum Vorbild wird der oder die Schaffende, der/die dahinter steckt, deswegen nicht. Klar ist jemand wie z.B. Prince wahnsinnig beeindruckend. So viel Talent, Fleiß, Diversität und scheinbar unerschöpfbares Potential in einer Person – da bekomme ich zwar große Augen und bleibe an der Entwicklung dran, aber mehr macht dieser Mensch nicht mit mir. Ich kenne ihn ja auch gar nicht. Kreativität und die Kunst, die daraus entspringt, bekommt ihre Wahrhaftigkeit, ihre Qualität dadurch, dass diese authentisch und einzigartig ist. Ich meine, jeder sollte sich selbst als Vorbild sehen und daran arbeiten, in seine eigene Kraft zu kommen.
Weitere Infos:
www.francaplays.com
www.facebook.com/francaplay
www.soundcloud.com/francaplays
Fotocredit: Franca @ http://francaplays.com/gallery-press/