kulturelle
Spannend: „Denn vom Trauern kommt der Tod“
Brunhilde Schwarz, eine „scheinbar“ freundliche ältere Dame, die in einem Seniorenheim wohnt und ein Faible für Bibelsprüche hat, wagt einen Rückblick auf ihr Leben und die Menschen, die ihre Vergangenheit prägten.
„Ich hatte getrauert – um mein Leben. Und meine Trauer hatte Tod gebracht –
denen, die ihn verdienten.“
Ihre Kindheit verbringt Brunhilde, genannt „Hilde“ hauptsächlich in dem Lebensmittelladen ihrer Eltern. Die Familie mit ihren drei Kindern ist gut in der Straße angesehen, jedoch sieht es in Wahrheit ganz anders aus. Hilde wird von ihrer hartherzigen Mutter und dem egozentrischen Vater schlecht behandelt. Als sie dann auch noch 11-jährig miterleben muss, wie ihr pädophiler Großvater sich an ihrer Schwester vergeht, fasst das Mädchen einen kühnen Plan und beschließt von nun an sich nichts mehr gefallen zu lassen.
Hilde, der Racheengel
Schon in ihrem Teenanger-Jahren verlieren zwei Familienmitglieder ihr Leben – auf nicht natürliche Art und Weise.
Erst als Hilde den smarten amerikanischen Soldaten Charly kennenlernt, scheint die Möglichkeit zur Flucht aus dem zerrütteten Elternhaus zum Greifen nah. Doch Charly fährt zurück in die Heimat und lässt Hilde allein zurück.
Aus Resignation gerät sie, Anfang Zwanzig, quasi vom Regen in die Traufe, indem sie den untreuen und egoistischen Apothekerssohn Konni heiratet. Nach einigen trostlosen Jahren zwingt Konni Hilde sogar dazu, das Kind seiner Geliebten aufzuziehen, da er Angst um seinen Ruf als angesehender Apotheker hat. Brunhilde lässt sich auf dieses Unterfangen ein, nachdem ihr Mann ihr droht, sie mit Zyankalitabletten umzubringen, jedoch kommt auch der kaltherzige Konni nicht ungestraft davon…
Nach dem Tod ihres Mannes steht dem Glück eigentlich nichts mehr im Wege, wäre da nicht ihr inzwischen erwachsener und ziemlich stumpfsinniger Ziehsohn Karl, aber auch für dessen Beseitigung hat Racheengel Hilde, die richtige Lösung parat.
Ich möchte nicht zuviel von den Morden im Einzelnen verraten, da deren arkribische Planung und Ausführung viel zum Spannungsbogen beitragen.
Dieser bitterböse Roman hat einige Fragen in mir aufgeworfen: Was z. B. bringt uns dazu jemanden zu töten, oder wieviel erfahrendes Leid legitimiert einen Mord? Auf der anderen Seite habe ich dieses Buch auch als einen leicht satirischen Blick hinter die Fassade der geachteten Familie, des belanglos Normalen, das uns so schnell täuscht, gelesen. Wenn jemand einen Krimi mit dem üblichen Gut gegen Böse-Thrill sucht, wäre dieses Buch nicht unbedingt die richtige Wahl, da es eher auf Ironie und bis an die Schmerzgrenze überzeichnete Personen setzt. Wer sich aber für Lebensläufe von Frauen interessiert und sich schon immer eine Protagonistin wünschte, die mal so richtig abrechnet, bekommt mit diesem Roman genau das Richtige.
Lina De Felice
Trix Niederhauser: „Denn vom Trauern kommt der Tod“
Ulrike Helmer Verlag, 304 Seiten