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Wir sind Familie – Private Initiative prominent unterstützt
Judith Holofernes machte den Anfang
Judith Holofernes brachte vor einer Woche den Stein ins Rollen. Die Frontfrau der Band Wir sind Helden bloggte gewohnt kurz, knapp und knackig über die Aktion „Wir sind Familie – Ehe und Familie auch für homosexuelle Paare“ und zeigte sich dankbar dafür, als Tochter einer lesbischen Mutter aufgewachsen zu sein:
Ich für meinen Teil bin froh und dankbar für Alles, was ich schon als Kind durch diese, meine Familiensituation gelernt habe: innere und äußere Flexibilität, vor Allem. Selbstverständlichkeit in der Ausnahme. Einen ziemlich furchtlosen Umgang mit Grenzen und mit Träumen. Und ein mit der Muttermilch aufgesogenes Wissen darum, dass es viele Wege zum Glück gibt.
Selbstbewusst und augenzwinkernd beschreibt Holofernes, was aus Kindern alles werden kann, wenn sie nicht in „Standard-Familien“ aufwachsen. Beispielsweise „quietschfiedele Künstler“, die ziemlich treffsicher Gitarrenseiten erklingen lassen und Songs auf Notenpapier bringen.
Dazu gab´s gratis, wie in allen Familien, ein paar Macken und Ticks und das eine oder andere Päckchen, das ich mit Fassung trage. Alles in Allem nicht die schlechteste Ausrüstung für ein freudiges, regelwidriges Leben in einer Welt, die sich sowieso nicht an viele Regeln hält.
Prominente zeigen klare Kante
Ob Madonna, Lady Gaga oder Harry-Potter-Darsteller Daniel Radcliffe, Brad Pitt, George Clooney oder The-L-Word-Alumni Jennifer Beals, in den USA und Großbritanien unterstützen viele Prominente den Kampf für gleiche Rechte und gegen die Ausgrenzung von Lesben, Schwulen, Bi und Transmenschen. Und LGBT-Organisationen wie die Human Rights Campaign setzen auf das Engagement der sogenannten ‚Straight Allys‘. Im Deutschen nur etwas hölzern übersetzbar mit ‚heterosexuelle Alliierte“. Hierzulande kennen wir das vor allem aus der HIV- und Aidsarbeit. LGBT-Aktvistin_innen tun sich etwas schwer damit.
Wie viel Aufmerksamkeit sich durch Straight Allys ergeben kann, zeigt eindrucksvoll die private Initiative „Wir sind Familie“, auf die Holofernes verweist. Innerhalb nur einer Woche nach dem prominenten Blog-Beitrag schossen die Like-Zahlen der zugehörigen Facebook-Seite in die Höhe. Initiator Manuel Braun begrüßte am 25. März euphorisch den 600.ten Fan. Inzwischen sind es über 4.000. Zum Vergleich: Die Seite des LSVD-Bundesverbands, seit Oktober 2010 auf Facebook, bringt es auf etwas mehr als 2.100.
Einfach angefragt – so leicht kann es sein
Weitere Prominente taten es zwischenzeitlich Holofernes gleich, so die Musiker der Band Frittenbude, Thees Uhlmann, Kevin Hamann sowie Autorin und SPoN-Kolumnistin Sybille Berg. Mit der Kampagne will Manuel „einen Denkanstoß in den Köpfen der Menschen, den Politikern ein Stein im Schuh zu sein.“ phenomenelle sprach mit ihm über die Idee zur Kampagne und darüber, wie er die prominente Unterstützung bekam.
Was hat dich bewogen, den Bog einzurichten?
Ich bin in Oberbayern, in einem sehr liebevollem Umfeld aufgewachsen. Meine Homosexualität war für meine Eltern, Verwandten und Freunde nie ein Problem. Ich hatte immer das Gefühl, ich bin genauso wie mein bester heterosexueller Freund. Mit all den rechtlichen Möglichkeiten, die auch ihm zustehen. Natürlich wusste ich, dass das nicht so ist. Aber gefühlt habe ich mich immer so. Als die Bundesregierung dieses Thema in den letzten Wochen immer wieder diskutiert hat, habe ich gemerkt, wie viele mich dort als einen Menschen zweiter Klasse sehen. Das ist mir irgendwie stark aufgestoßen. Deshalb entstand der Blog bzw. die Online-Kampagne „Wir sind Familie“.
Wie alt seid ihr, du und dein Freund? Wann plant ihr eine Familie zu werden?
Ich bin 26, er ist 30. In vier bis fünf Jahren fände ich das, glaube ich, ganz gut. Doch bei der Aktion geht es nicht um mein persönliches Glück, sondern darum, dass es einen rechtlichen Missstand gibt. Diesen gilt es gesellschaftlich und juristisch zu beheben.
Was bist du von Beruf?
Mein Geld verdiene ich am Theater. Aber vor der Bühne und nicht darauf.
Bist du in einer schwulen Gruppe aktiv oder Mitglied?
Nein, bin ich nicht, und war ich auch nie. Ich hatte nie das Bedürfnis, weil ich wie gesagt, mich nie anders, geschweige denn benachteiligt, gefühlt habe.
Wie kam Judith Holofernes auf deine Seite?
Ich hab sie einfach gefragt. Ich wusste, dass sie cool ist. Dass ihre Mutter lesbisch ist, ist mir erst danach wieder eingefallen. Ich war schon immer ein großer Fan. Da habe ich ihr einfach via Facebook geschrieben und eine Woche später hat sie darüber gebloggt. Tolle neue Welt. Ich mag das.
Wie wählst du Prominente aus, die du um ein Statement bittest?
Wer mir grad‘ so in den Sinn kommt. Und wen ich für passend erachte. Ich geh‘ stark nach meinem Bauchgefühl. Mal sehen wer sich in Zukunft noch so alles stark für uns machen wird.