phenomenelle

visuelle

LITFEST homochrom

Julie Maroh: Blau ist eine warme Farbe

Künstlerische Meditation zum Coming Out

BlauIstEineWarmeFarbe_Cover2

Inhalt

Clementine ist 15 als sie Emma das erste Mal im Vorbeigehen sieht. Sie ist gerade auf dem Weg zu einem Treffen mit einem Jungen. Ihre Freundinnen drängen sie mit dem Argument, dieser sei schon auf der Oberstufe, dazu. Und tatsächlich verbringt Clementine einen wunderschönen Tag mit Thomas. Sie kann aber die blauhaarige junge Frau nicht vergessen und träumt in der Nacht von ihr. Weil sie nicht glauben kann, wie sie von ihr geträumt hat, trifft sie sich mit Thomas weiter. Denn:

Ich bin ein Mädchen, und ein Mädchen muss mit einem Jungen gehen.
(
S. 20)

Die Gedanken, die sie in ihrem Tagebuch niederlegt, kreisen immer wieder um das Thema Normalität. Clementine geht auf Demos. Sie kommt zu spät Nachhause. Sie hat Krach mit ihrer Mutter. Und sie träumt immer noch von der blauhaarigen Frau. Unterdessen wird Clementine 16. Sie beginnt sich zu fragen, ob da nicht auch andere Mädchen sind, die dasselbe fühlen wie sie. Ein Vorfall mit einer Schulkameradin lässt sie das Gefühl bekommen, dass es sie gibt. Aber schon einen Tag später stellt sich alles als Missverständnis heraus. Aufgewühlt verlässt sie die Schule und wird durch Valentin aufgehalten. Dieser schwänzt mit ihr die Schule, um hinter die Fassade ihrer Verwirrung zu kommen. Dabei erzählt er, dass auch er schon mal mit einem Junge geflirtet habe.

Ein paar Wochen später ziehen Clementine und Valentin durch die Homokneipen. Unterwegs trennen sich ihre Wege und Clementine folgt einer Gruppe Frauen in eine Lesbenkneipe. Beim Blick durch die Menge schimmert es zuerst nur blau… Dann hat Clementine ein freies Blickfeld und sie sieht die blauhaarige junge Frau, von der sie schon ein ganzes Jahr träumt. Das Aufmerken ist beidseitig.

Blau ist eine warme Farbe, Seite 55Am nächsten Morgen wartet die blauhaarige Emma vor Clementines Schule. Als die Schulkameradinnen sie entdecken und Emma gleich als Lesbe identifizieren. Clementine zieht sie erschrocken weg aus dem Blickfeld der anderen. Emma ist brüskiert, entschuldigt und verabschiedet sich, sie habe wohl etwas missverstanden. Clementine ruft ihr hinterher, um sie aufzuhalten…

Zeichnungen

Das Comic ist fantastisch gezeichnet. Maroh gelingt es, die Emotionen der Figuren gut über die Bilder zu transportieren. Auch der Einsatz der Farbe unterstreicht dieses Vorgehen. Für die Zeichnungen der Gegenwart hält sie alles in bunt, für die Zeichnungen der Vergangenheit wählt sie schwarz/weiß. Spontan schrieb ich mir dazu auf: Ein schönes Gefühl mit schönen Bildern schön gezeichnet.

Was die Wahl der Farbe Blau angeht, so erzählt Maroh auf After Ellen:

Regarding the choice of the color blue in particular, it was nothing more than a graphic decision. By process of elimination, I knew that all the other colors wouldn’t work. The blue was simply the most neutral and efficient one to use.
(

Quelle: afterellen.com Julie Maroh on creating “Blue is the Warmest Color”)

Fazit

Maroh beschreibt das wachsende lesbische Begehren eines Mädchen. Sehr detailliert werden die Angst davor und die Bestätigung der Angst durch die Homophobie der Umwelt beschrieben. Das immer wieder Schwanken, Verneinen des Begehrens – es ist vielen Lesben so bekannt. Dabei ist nicht wichtig, ob Maroh autobiographisch gearbeitet hat – sie verneint es und ich glaube ihr das. Das Comic enthält für so manche Lesbe autobiographische Ansätze. Und die anderen, die dies nicht kennen, können lesen, dass der Weg zum Coming Out nicht der leichteste ist. 

Der Detailreichtum verliert sich etwas zum Ende. Ob Maroh endlich abschließen wollte, weil sich schließlich auch ihr Studium dem Ende neigte? Sie zeichnete an dieser Geschichte in ihrer Freizeit seit Beginn ihres Studiums mit 19 und arbeitete fünf Jahre daran. 

Ja! Das Comic und der adaptierende Film haben diverse Preise erhalten. Egal. 

Blau ist eine warme Farbe ist eine schöne künstlerische Meditation zum Thema Coming Out. Mir gefiel das.

Blau ist eine warme Farbe, CoverBlau ist eine warme Farbe
Autorin: Julie Maroh
Hardcover: 156 Seiten
Verlag: Splitter
Auflage: 1 (Dezember 2013)
Band 1 von 1
Sprache: Deutsch
Direkt beim Verlag bestellen

 

Verlosungsaktion für unsere Leser_innen

Wir verlosen unter den phenomenelle-Leser_innen 2 Exemplare der gebundenen Ausgabe von Blau ist eine warme Farbe. Schreibt einfach eine Mail an verlosung@phenomenelle.de mit Stichwort “Blau” und unter Angabe eurer Adresse.* Anschließend Daumen drücken. Einsendeschluss ist der 13. Dezember 2013, teilnahmeberechtigt sind nur Personen über 16 Jahre. Der Preis wird nicht in bar ausgezahlt. Die Gewinner_innen werden schriftlich per Mail benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

* Einsendungen ohne vollständige Adresse können wir leider nicht berücksichtigen.

Related Posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige


Anzeige LITfest homochrom 06.–08.08.2021

visuelle

  • Fernsehinfos vom 14. bis zum 27. Dezember 2024
  • Fernsehinfos vom 30. November bis zum 13. Dezember 2024
  • Fernsehinfos vom 12. bis 29. November 2024
  • Radiotipp: Die Linguistin Luise F. Pusch im Gespräch
  • Buchtipp: Daniela Schenk: Mein Herz ist wie das Meer
  • Buchtipp: Elke Weigel – „Wind der Freiheit“
  • Buchtipp: „Riss in der Zeit“ von Ahima Beerlage
  • Filmtipp zum 75. Geburtstag von Ilse Kokula
  • Ilka Bessin: Abgeschminkt – Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede
  • Interview und Verlosung zu 25 Jahre „Krug & Schadenberg“
  • Der Schottische Bankier von Surabaya: Ein Ava-Lee-Roman
  • CD-Review: LAING sind zurück mit neuem Album
  • Interview: „Diversity muss von der Führung kommen“
  • 5 Serien für Fans starker TV-Charaktere …
  • „Danke Gott, dass ich homo bin!“ – Filmreview von „Silvana“
  • Buchrezi: „Lesbisch. Eine Liebe mit Geschichte“
  • Rückblick auf die NorthLichter
  • DVD-Rezi: „Call My Agent“ – Staffel 2
  • Berlin: Etwas andere Pride Parade am 23. Juni 2018 …
  • Buchrezi: Carolin Hagebölling „Ein anderer Morgen“
  • Ausstellungseröffnung „Lesbisches Sehen“ im Schwulen Museum Berlin
  • „The Einstein of Sex“ – Stück über Magnus Hirschfeld
  • „Here come the aliens“ – Das neue Album von Kim Wilde
  • Album-Review: Lisa Stansfield „Deeper“